Adieu, Harry

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Die Schweiz trauert um Clown Dimitri. Die Nachricht seines Todes hat heute, Mittwoch 20. Juli 2016 viele Menschen betroffen gemacht. Der grossartige Strahlemann mit dem breiten Grinsen ist nicht mehr. Ein Verlust, keine Frage. Auch ich habe dem Kloss im Hals gespürt. Doch ich trauere heute noch um einen anderen Grossen am Firmament der Kreativität. Einen, den vielleicht nicht viele (mehr) kennen, der für mich aber wichtig war. Die Nachricht des Todes von Harry Buser, der 88 Jahre alt wurde, hat mich heute betroffen gemacht.

Harry Buser war Kunstmaler und lebte in Feuerthalen bei Schaffhausen. Er war auch Zeichner – „schümmerlen“, also das feine Nuancieren von Licht und Schatten mit dem Bleistift – war seine Stärke und Obsession. Diese übertrug er von 1959 bis 1991 während über dreissig Jahren auch auf seine Schüler an der Kunstgewerbeschule Zürich. Ich war 1986 einer jener Vorkurs-Absolventen, die beim damals schon recht alten Meister zur Schule gingen. 1991 ging Buser in Pension.

Harry Buser war ein Lehrer von altem Schrot und Korn. Disziplin und Fleiss galten etwas. Pünktlichkeit und Form auch. Er trug manchmal auch Krawatten, wenn ich mich nicht irre. Oder zumindest sah er so aus. Er war einer, der seine Schüler auf dem Weg der Geduld, des Übens und der langsamen Schritte zur kreativen Reife begleitete. Harry Buser war unser Klassenlehrer in der Vorkursklasse V5 von 1986 bis 1987. Er war kein „cooler“ Lehrer, sondern eher einer von der traditionellen Sorte. Aber er war stets freundlich, höflich, interessiert und engagiert. Nur einmal ist er ausgeflippt, aber dabei einfach schnaubend weggelaufen, statt sich vor der Klasse abzureagieren.

So haben ihn seine Schüler in Erinnerung: Harry Buser. Fotografiert von Thomas von Wartburg, aus der eMuseum-Sammlung des Museums für Gestaltung Zürich.

So haben ihn seine Schüler in Erinnerung: Harry Buser. Fotografiert von Thomas von Wartburg, aus der eMuseum-Sammlung des Museums für Gestaltung Zürich.

Ich vermute, dass Harry Buser unsere damaligen Versuche, die Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Zürich durch Protest und Obstruktion zu erneuern, nicht goutierte. Er fand es möglicherweise zwar inhaltlich richtig, aber formal falsch. Denn er legte Wert auf den richtigen Ton. Und ich war wohl, nach Busers Massstäben, damals kein besonders talentierter Schüler. Ich hatte die Geduld und die Nerven nicht, um so detailversessen zu zeichnen, wie er es liebte. Andere Klassenkameraden, etwa Michel Casarramona, der heute ein bekannter Illustrator ist, hatten eher seinen Respekt.

Umso mehr freute es mich Jahre später, von seinem Sohn Daniel zu hören, dass Harry Buser meinen Weg in die Welt der Mode und Medien mit Interesse und sogar einem gewissen Stolz verfolgt habe. Er habe meine Artikel immer gelesen. Rund zwanzig Jahre nach meinem Vorkurs traf ich Harry Buser in Schaffhausen wieder. Wir sahen uns 2013 anlässlich einer Ausstellung im Museum zu Allerheiligen, die ihn und andere Künstler aus der Region würdigte. Harry Buser war damals dünner und älter, aber noch immer derselbe sanfte, aber knorrige und leicht skurrile Mann, den er in meiner Erinnerung immer gewesen ist. Und ich erkannte langsam sein grosses Herz.

Nun ist Harry Buser am 12. Juli 2016 im schönen Alter von 88 Jahren gestorben. Die Todesanzeige hat mich heute per Post erreicht. Diese Nachricht schmerzt mich, weil Buser ein Teil meiner Jugend und kreativen Formung war. Weil ich ihn erst spät für mich „entdeckt“ habe und es danach leider aber nie geschafft habe, ihn in seinem Atelier in Feuerthalen zu besuchen. Es blieb bei Absichtsbekundungen. Nun ist es zu spät. Adieu, Harry. Danke für alles. Trink bitte mit Dimitri einen auf uns.

"Mann mit Trauerknopf", eine ORiginal-Bleistiftzeichnung von Harry Buser.

„Mann mit Trauerknopf“, eine ORiginal-Bleistiftzeichnung von Harry Buser.

2 Comments

  • Antworten Juli 27, 2016

    rolf brönnimann

    Danke Jeroen van Rooijen,
    für diesen Artikel über Harry Buser. Ich war auch einmal ein Schümmerlischüler von ihm, habe mein Vorkursjahr genossen (ein paar Jahre früher). Allerdings habe ich keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt.
    Noch heute schaut Harry Buser mir über die Schulter, wenn ich einen Bleistift oder schwarzen Farbstift in die Hand nehme und freut sich, dass ich das immer noch gerne tue…
    Das Foto von ihm ist toll – genau so war er.

    Freundliche Grüsse,
    Rolf Brönnimann

  • Antworten Juli 20, 2017

    Markus Imthurn

    Schade schade.. Ich war auch in der Klasse V5, aber im Jahr 1977. Harry Buser war einer der besten und nettesten Lehrer, die ich je hatte. Er fand die schönsten Worte um mich in meiner Kreativität weiter zu bringen und meine Grenzen zu erweitern. Sein Talent, sein Können, seine Präzision und seine ruhige Art sind bis heute Vorbild für mich. Mein ewiger Dank an Harry Buser.

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