Sonntagsoutfit: Marfa Alkhimova, Zürich

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Gestern Sonntag, 24. Januar ist in der Reihe „Sonntagsoutfit“ der NZZ am Sonntag ein Foto von einer jungen Frau erschienen, das ich Mitte/Ende Dezember an einem verkaufsoffenen Sonntag in Zürich schoss, als auf dem Paradeplatz sehr viele Menschen unterwegs waren. Es gab dort einen regelrechten Pulk, weil der Vespa-Club-Zürich mit seiner Weihnachtsausfahrt dort Halt machte und für Aufsehen sorgte. Die Vespa-Fahrer waren allesamt als Schneemänner, Eisprinzessinnen oder Santa Claus verkleidet.

 

Mein „Model“ Marfa Alkhimova erspähte ich, weil sie sehr enthusiastisch mit einem Schneemann posierte und grossen Spass daran zu haben schien, sich fotogen in Pose zu werfen. Logisch, dass ich sie darauf ansprach und fragte, ob sie auch fürs „Sonntagsoutfit“ posieren würde. Sie kannte die NZZ am Sonntag – „meine Lieblingszeitung! – und machte mit. Obwohl ihr Outfit nicht das spektakulärste war, fand ich sie irgendwie eine eigenwillige Erscheinung, was in dem nachfolgenden Text vielleicht etwas deutlicher wird.

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Zur unweigerlichen Frage und Diskussion bezüglich des Pelzes, den Marfa trägt, will ich nur folgendes sagen: Ich persönlich bin dafür, dass Pelzimporte in die Schweiz mit hohen Strafzöllen belegt oder gar verboten werden, denn es ist nicht richtig, Pelze von Tieren zu tragen, die nur zum Zweck der Pelzgewinnung gehalten werden. Etwas differenzierter sehe ich es, wenn es sich um einheimische Nicht-Zuchtpelze handelt, etwa vom Schaf, Kaninchen oder Rotfuchs. Diese kann man – nach meiner persönlichen Meinung! – tragen, so lange man nicht komplett vegetarisch lebt und auch auf Leder verzichtet.

Bezüglich Vintage-Pelzjacken bin ich ambivalent: Natürlich senden auch diese ein falsches Signal, doch ist es wohl auch sinnvoll, die alten Stücke zu tragen? Komplett verständnislos bin ich einzig bei all den hässlichen und unnötigen Kapuzen-Pelzverbrämungen, die man derzeit an Parkas und Sportjacken sieht: Diese sind für mich das tatsächliche Pelz-Problem, nicht eine alte Jacke von Mama, wie Marfa sie trägt. Im Zweifelsfall wäre ich für Fake-Fur, wie meine Kaufempfehlung auf der Seite mit Marfa schliesslich auch deutlich macht.

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Die Diskussion darum, ob man Fotos von Menschen in Pelzen überhaupt zeigen soll oder darf, könnte man mit engagierten Tierschützern endlos fortsetzen, darum jetzt zurück zum Motiv und zum Text vom Sonntag:

Ein bisschen femininer, verspielter und expressiver als die durchschnittliche Helvetierin – Russinnen wie Marfa Alkhimova setzen sich gerne selbstbewusst in Szene.

Russinnen – man erkennt sie meist schon von weitem. Da ist zum einen ihr expressiver, femininer Stil, sich zu kleiden, zum anderen auch eine Art, sich zu bewegen, die typisch ist. So als hätten sie alle in jungen Jahren ein paar Jahre strengen Ballett-Unterricht erfahren. Als ich Marfa Alkhimova auf dem Zürcher Paradeplatz ihres Outfits wegen ansprach, wunderte es mich also kaum, dass sie mit einem deutlichen russischen Akzent antwortete und spontan einwilligte, in der tief stehenden Wintersonne zu posieren. Die NZZ am Sonntag sei ihre Lieblingszeitung, freute sie sich. Und ja, sie habe in jungen Jahren tatsächlich Ballett getanzt.

Die platinblonde Marfa Alkhimova ist 26 Jahre jung und kommt aus Kaliningrad – oder Köngisberg, wie ihre stolze Mutter präzisierte –, sie lebt seit 2008 in der Schweiz. Marfa studiert allerdings in Budapest, und zwar Veterinärmedizin. Sie steht kurz vor dem Abschluss dieses Studiums und freut sich, das Erlernte bald praktisch einsetzen zu können. „Ich liebe Tiere, und Tierärztin war immer mein Traumberuf“, sagt Alkhimova. Besonders angetan haben es ihr Kleintiere.

Marfa trug an jenem Mittag eine kurze Vintage-Pelzjacke aus dem Fundus ihrer Mutter – „Das ist unsere Tradition, ein Pelz gehört einfach zu unserem Stil“, sagt sie. Dazu kombinierte sie einen kurzen, karierten Faltenrock von Burberry, flache Loafers von Tod’s und eine schwarze Schultertasche mit Kroko-Dessin von Liebeskind aus Berlin. Der Schal und die blickdichten Strümpfe waren von Manor, der gescheckte Hut von Coop.

Ihren Modestil beschreibt Marfa Alkhimova als „sportlich-elegant“. Auf den Einwand, dass dies die alltäglichste aller Plattitüden zur Mode und überdies das Stilbekenntnis von 95 Prozent der Schweizerinnen sei, ergänzt sie: „Na gut, ich mag auch ein bisschen Kitsch.“ Sie habe durchaus  Spass daran, ein wenig aufzufallen: „Zu diskret ist nicht meine Sache.“ Sie möge auch den japanischen Manga-Stil, wirft ihre Mutter ein, und Marfan bestätigt: „So ein bisschen girlie und extrem, mit Spitzen und Farben, das finde ich manchmal auch cool.“ Allerdings nicht unbedingt an einem Sonntagmittag, sondern für besondere Gelegenheiten.

Mit ihrer Mutter verbindet Marfa Alkhimova nicht nur ein harmonisches Stil-Einverständnis, sondern auch ein Kleiderschrank, den sie sich teilen. Beide sind praktisch gleich gross und tragen dieselbe Konfektionsgrösse. So können sie gewisse Stücke, die sie beide mögen, teilen. Zu Problemen führe das nie: „Wir streiten nicht um Kleidungsstücke, sondern finden immer eine einvernehmliche Lösung“, erklären sie stolz. Russinnen halten eben zusammen.

 

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