We like a bit of curves

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Dürfen wir an dieser Stelle auch noch mal etwas beitragen zur teilweise unterirdischen Diskussion um die weiblichen Reize der TV-Moderatorin Melanie Winiger, die vor nicht allzu langer Zeit die Schweiz in einem etwas zu engen Kleid irritierte? Gut. Dann geben wir hier einfach mal einen Text wieder, der vor knapp einer Woche in der ‚Weltwoche‘ erschien.

Mit 87 Prozent in der Zuschauerwertung durchzufallen – dieses Kunststück schaffte Melanie Winiger, als sie die Swiss Music Awards am Schweizer Fernsehen moderierte. Der Grund: ein schwarzes Kleid, das ihren Kurven nicht ganz gerecht wurde. Anders gesagt: Es war zu eng geschnitten. Die Zuschauer, die das Outfit bei SRF live kommentierten, waren da etwas unverblümter. «Sieht aus wie schwanger», schrieb Karin aus Bern. «Die zweite Wurst der Nation», erkannte Marcel aus St. Gallen. «Nicht einmal ein gutes Fasnachtskostüm», befand Gertrud aus Langenbruck, und Martin aus Basel stellte fest: «Es ist eher schwierig, mit so einer Figur ein so unvorteilhaftes Kleid zu finden.

Der Schreibende, der an besagtem Event als Stilpolizist am roten Teppich stand und die einmarschierende Schweizer Musikprominenz fürs Radio zu bewerten hatte, wurde ver- schiedentlich zum schwarzen Satinkleid von Melanie Winiger befragt. Die Fragen waren oft suggestiv, im Sinne von: «Furchtbar, nicht wahr?»Ich will jetzt auch mal antworten.

Also: Erst einmal tief durchatmen. Melanie Winiger ist 35-jährig, Mutter eines elfjährigen Sohns, 173 cm gross und wiegt aktuell geschätzte 58 Kilo. Dass sie unlängst mit dem Rauchen aufgehört und vier Kilo zugenommen hat, war in der Boulevardpresse zu lesen. Wer diese Kennzahlen durch einen einfachen Body-Mass-Index-Rechner schickt, der be- kommt die Zahl 19,4, sprich: normalgewichtig. Wer genauer hinschaut, der sieht auch: Melanie Winiger ist sogar eher am unteren Ende des Spektrums für Normalgewichtige. Über zu dünne Vorbilder wird ja oft genug gemeckert. Die neue Melanie, neuerdings mit Tote-Hosen-Sänger Campino liiert, sieht als Gesamtpaket durchaus appetitlich aus.

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Das Problem war das Kleid, eine Kreation des New Yorker Designduos Cushnie et Ochs («Resort Collection» 2014, Look 21). Man möge das Kleid – ein Hybrid aus einem Badeanzug- Oberteil und einem strengen Stiftrock – ruhig mal googeln. Dann wird man nämlich feststellen, dass Melanie Winiger dem Ding erst Leben eingehaucht hat. So wie es da an einem steckendürren 17-jährigen Mädchen mit nassem Haar im Studio fotografiert ist, ist die Kreation ereignislos. Erst die körperliche Präsenz der dunkelhaarigen Vorzeige-Schweizerin gibt der gefährlich schmalen Brücke auf Höhe des Brustbeins ihre dramatische Note.

Und darum halten wir, offenbar wieder einmal als Vertreter einer Minderheit (13 Prozent), den Daumen hoch und sagen: Bravo, Miss Rock ’n’ Roll. Das Kleid war sicher fast eine Nummer zu eng (wahrscheinlich vor der Gewichtszunahme gekauft) – aber man braucht ein stabiles Rückgrat, um so etwas trotzdem zu tragen. Wahrscheinlich war das Publikum auch nur enttäuscht, dass das Kleid entgegen allen Erwartungen nicht geplatzt ist.

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