Letzte Woche im Mode Museum in Antwerpen der Eröffnung der Ausstellung „Inspirations“ über den belgischen Modedesigner Dries van Noten beigewohnt, den wir seit Jahren sehr bewundern. Die Eröffnung war proppenvoll mit Menschen – ganz Flandern schien Dries van Noten die Ehre erweisen zu wollen. Zu Recht, denn Dries ist der konsequenteste, beständigste und sicher auch erfolgreichste der „belgischen Sechs“, die in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre die Modestadt Antwerpen ins Rampenlicht rückten. Er war immer fein, poetisch, sinnlich und elegant, aber auch relevant. Ann Demeulemeester hat aufgehört, Martin Margiela ist im Ruhestand – aber Dries ist immer noch da. Inzwischen ist van Noten ein moderner Klassiker, ohne jedoch alt und bourgeois geworden zu sein. Das haben wenige seiner Zeitgenossen so souverän geschafft, und dafür zollen wir dem diskreten Belgier viel Respekt.
Die Ausstellung „Inspirations“ ist im Prinzip dieselbe, die schon in den Arts Decoratifs in Paris zu sehen war (und die wir HIER schon beschrieben haben), doch ist sie angenehmer und kompakter zu erleben als die im Louvre, die auf zwei Stockwerke aufgegliedert und stellenweise derart dunkel war, dass man gegen Glaswände und andere Einbauten stolperte. Die Antwerpener Ausstellung ist auf einer Etage angelegt, ebenso ganz frei von Tageslicht – und gibt einen wunderbaren, vielschichtigen Einblick in das Denken und Arbeiten von Dries van Noten. Ausserdem gibt es neue Kapitel, die in Paris nicht zu sehen waren, etwa zu den beiden jüngsten Schauen sowie ein neuer Schaukasten zum Thema „belgische Meister“, der hier natürlich besonders gut passt. Sowie einen intensiv nach Wald und Erde riechenden Raum mit Fotoprojektionen, den die Künstlerin Sissel Tolaas „beduftet“ hat (auf keinen Fall an die Wände lehnen!).
Dries van Noten ist ein Designer, der jede Saison wieder eine ganz neue Reise macht und diesen Prozess auch ganz bewusst lebt. Es gibt Saisons, da bleibt er sich weitgehend treu, um nur sechs Monate später wieder ganz neue Saiten aufzuziehen. Das muss man können und wagen. „Es ist ganz einfach“, sagte Dries anlässlich eines Gesprächs, das in seiner vollen Länge erst noch verarbeitet und an geeigneter Stelle publiziert werden muss, „Was in dieser Saison gut lief und gekauft wurde, müssen wir in der folgenden nicht wieder machen – denn das haben unsere Kunden ja schon.“ So hält er die Innovationsmaschine kontinuierlich in Gang.
Die Ausstellung „Inspirations“ im Mode Museum Antwerpen läuft bis zum Sommer (19. Juli 2015). Mehr Informationen dazu auf der Homepage des Mode Museums. Wir raten dazu, den Besuch dieser wunderbaren Werkschau mit zwei Extratragen für eine entspannte Städtetour zu verbinden. Das beste Hotel, das man sich dazu vorstellen kann, ist das wunderbare, stilvolle „Julien“ – angenehmer kann man in Antwerpen nicht wohnen.
