We think about skirts

Rokjesdag

Heute (Do. 16.4.15) im „Catwalk“ der NZZ: Ein Gedanke dazu, ob ein „Rokjesdag“ (Tag des Röckleins), wie man ihn in den Neiderlanden bei schönem Wetter ausruft, überhaupt noch den Bekleidungsidealen einer jungen Zielgruppe entspricht? Wer trägt denn noch Rock?

In den Niederlanden gibt es seit kurzem den Versuch, der ästhetischen Gleichschaltung der Bevölkerung mit einem «Rokjesdag» (Tag des Röckleins) entgegenzuwirken. Steigen an einem Freitag die Temperaturen über 20 Grad, sollen Frauen einen Rock tragen, fordern modeinteressierte Kreise via Social Media. Vergangenen Freitag wurde zum ersten Mal zum Rocktragen aufgerufen. Das Resultat war (noch) ernüchternd. Ausser bei den Aktivisten und den Medien scheint die Idee nicht viel Widerhall zu finden.

Vielleicht war es noch zu früh: Die Beine der Nordländerinnen sind am ersten warmen Tag nach dem Winter noch zu blass für einen Rock. Vielleicht ist aber auch die ganze Idee nicht mehr zeitgemäss bzw. zielt an der Zielgruppe vorbei. Denn die Idee, dass man mit Kleidung eine Art Überzeugung, eine Gruppenzugehörigkeit oder (vorläufige) Weltanschauung ausdrückt, ist bei den Jüngeren weitgehend aus der Mode gekommen. Für sie ist Kleidung keine identitätsstiftende Grösse mehr, sondern eine Commodity, also ein möglichst günstiger Verbrauchsartikel und eine Beiläufigkeit, der man auf keinen Fall zu viel Bedeutung beimisst.

Mode und Stil spielen nicht mehr jene Rolle, die sie in den sechziger bis achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts innehatten. Wer heute einen Teenager fragt, welchen Stil er mit seiner Kleidung darstelle, wird höchstens ein desinteressiertes Achselzucken zur Antwort bekommen. Der aktuelle Look der Mehrheit der unter Zwanzigjährigen – er wurde auch schon «Normcore» genannt (von «normal hardcore») – macht es den verbleibenden Akteuren im Textilfachhandel recht einfach. Burschen wie Mädchen zwischen 12 und 25 Jahren tragen dasselbe: Kapuzenjacke, T-Shirt, Stretch-Jeans, Sneakers und einen Gym-Bag auf dem Rücken. Spezifisch weiblich oder männlich wird diese Unisex-Kleidung nur noch durch den Körper, der drinsteckt.

Einzige Ausnahme: Jeans-Hotpants, die seit einigen Jahren äusserst populär sind. Man wird sie auch diesen Sommer wieder sehen. Vielleicht sind diese kurzen Hosen eben drum so beliebt, weil sie fast das einzig verbleibende geschlechtsspezifische Kleidungsstück sind? Was wiederum ein gutes Argument für den niederländischen «Rokjesdag» wäre. Diesen Freitag wird’s allerdings wieder nichts werden: Der Nordwind hält die Temperaturen an der Nordsee noch zu tief.

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