Wie finde ich meinen Style?

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Frage von Leserin Barbara M.:

Da ich mit beruflich verändern möchte, habe ich kürzlich einen Ratgeber zum Thema «Dresscode im Business» gesucht, da meine Branche in der Hinsicht eher lässig aufgestellt ist. Interessant schien mir ein schon etwas älterer Ratgeber eines Schweizer Verlags: Christine Daborn-Doering. «Kam, sah, siegte. Klasse ist lernbar» (Zürich, 2001). Beim Durchlesen war ich irritiert. Business-Kleidung für Frauen muss sich auf zwei Farben beschränken (was ich grundsätzlich verstehe), diese müssen jedoch Ton in Ton sein, sodass die Kombination von Marine/Hellblau oder Weiss/Anthrazit schon als zu bunt und kontrastreich angesehen wird. Und für die Frau gibt es nur zwei mögliche Haarschnitt: kurz mit dem Deckhaar auf gleicher Länge, oder mittellang, mit dem Deckhaar auf gleicher Länge. Mir scheint das sehr streng. Falls Sie das Buch kennen, würde mich Ihre Meinung interessieren.

Danke für Ihre Zeilen. Mit den Stilratgebern ist das so eine Sache: Auch die, die vorgeben, ganz dem guten, zeitlosen und mode-befreiten Stil verpflichtet zu sein, entstehen in einer gewissen Zeit, die sie prägt. Will heissen: Auch Frau Daborn-Döring war damals, als sie ihr Buch schrieb, vom Zeitgeist beeinflusst. Und der war 2001 noch eindeutig ein anderer als heute. Es kann sein, dass das erwähnte Buch (das ich nicht so genau kenne), in seiner Zeit goldrichtig war. Aber heute, fast zwanzig Jahre später, ist es bestimmt veraltet. So geht das mit all diesen Ratgebern, auch mit denen, die ich selbst verfasst habe (Titelfoto dieses Beitrags). Sie sind schon nach sieben Jahren patiniert, nach zehn Jahren nicht mehr aktuell. Meine Bücher zu Stilfragen sind deshalb fast alle vergriffen und werden nicht mehr neu aufgelegt.

Der Grund ist dieser: Guter Stil funktioniert nur scheinbar losgelöst von der Mode. Er versucht sich natürlich immer von der launischen Natur der gerade herrschenden Trends zu distanzieren, doch gelingt dies ja nur in Abgrenzung zu ebendiesen. Stil ist also immer auch auf Style angewiesen, um überhaupt sichtbar zu werden. Und auch guter Stil verändert sich. So versteht man eben heute schon nicht mehr dasselbe darunter wie vor zwanzig Jahren.

Statt zu solchen halb- oder schon-nicht-mehr-aktuellen Ratgebern zu greifen, würde ich Ihnen raten, lieber die grossen Ikonen der Eleganz zu konsultieren. Es gibt ein reizendes Büchlein von Christian Dior, es ist sehr frisch, obwohl es schon siebzig Jahre auf dem Buckel hat. Auch kann man heute noch gut «Allure» von Diana Vreeland lesen, oder die Biografien von Coco Chanel und Cristobal Balenciaga. Für Herren ist «Anzug und Gentleman» von Sir Hardy Amies toll. Wenn es etwas zeitgenössischer sein soll: «Stilvoll» von Marlene Sörensen, «Parisian Style» von Ines de la Fressange und «How to be a parisian» von Caroline de Maigret sind prima. Ich hoffe, meine Inputs helfen Ihnen weiter, Ihren Stil zu finden bzw. zu erneuern.

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