We say goodbye to Radio

FullSizeRender

Heute mittag mit einem lachenden und tränenden Auge zum letzten Mal nach fünf Jahren den wöchentlichen „Stil-Tipp“ auf Radio SRF 3 von mir gegeben – es ging um die kreativen Nischen der Stadt Luzern, wo ab Mittwoch das alljährliche Radio-Charity-Spektakel „Jeder Rappen zählt“ stattfindet. Der Beitrag ist HIER nachzulesen. Es war ein kurzer und schmerzloser Abschied ohne viel Pathos – dafür, dass dies so nüchtern war, danke ich dem Moderator, Michael Zezzi.

Ich habe dieses Engagement als „Stil-Sheriff“ nach rund fünf Jahren und gut 200 Sendungen (viele davon HIER nachzulesen) beendet, weil ich das Gefühl hatte, auf diesem Wege zwar nicht alle, aber doch die wesentlichen Aspekte der Lebensart ausgeleuchtet zu haben, zum Teil gleich mehrfach. Wie alles, das man lange macht, wird so ein Format zur Routine, und das gilt es, zu vermeiden. Zudem möchte ich 2015 freier sein in der Gestaltung meiner Agenda, und da ist so ein wöchentlicher, fester Termin im Radiostudio Brunnenhof (grosses Bild) einfach im Wege.

Was ausserdem dazu führte, dass wir uns trennten: SRF 3 will sich in den kommenden Jahren verjüngen (oder zumindest nicht älter werden), doch das ist mir selbst leider nicht möglich – ich werde unablässig älter, doch habe ich keinen Stress damit, im Gegenteil: Ich empfinde es oft als Privileg, nun einen Horizont zu haben, der doch einige Dekaden umfasst und einen das eine oder andere besser – oder zumindest gefühlt fundierter – einordnen lässt. Diese „historische“ Komponente, die bei mir mit den Jahren ausgeprägter wird, ist aber für ein „junges“ Begleit- und Unterhaltungsmedium nicht wirklich gefragt, und deswegen sollen jetzt neue KollegInnen diese Themen behandeln, auf die ich mich immer gestürzt habe. Es wird intern Ursula Schubiger „meine“ Themen übernehmen, der ich viel Feingefühl und Herzblut dafür wünsche.

Ich habe zwar immer gerne ein bisschen Radio im Portfolio gehabt und es auch als sportlichen Challenge angeschaut, meine Themen „radiotauglich“ zu machen, aber es gibt einen Punkt, an dem man sich selbst im Wege steht. Ein Massen- und Mainstream-Radio, wie SRF 3 es bietet, empfinde ich zudem zunehmend als etwas, das nicht mehr ganz richtig in unserer Zeit steht. Wenn dieser Radiosender ein Modeladen wäre, so würden darin schwere Bikerjacken für AC/DC-Fans neben Hipster-Parkas für Ed-Sheeran-Klone und Tussi-Hoodies für Ariana-Grande-Girls hängen – für einen ästhetisch motivierten Menschen geht diese Melange nicht so ganz auf.

 

FullSizeRender-1 FullSizeRender-2

Ich möchte trotz dieser leisen Kritik am Musikprofil allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei SRF 3 danken für ein stets kollegiales und inspirierendes Umfeld, das mich des öfteren auf neue Ideen gebracht hat. Ich fühlte mich auch von der Führungscrew dort stets getragen und war deshalb auch sehr gerührt ob der vielen reizenden Grussnoten, die ich heute zum Abschied bekam. Die Karte bekommt einen Ehrenplatz. Ich bin überzeugt: Bei SRF 3 arbeiten die besten, klügsten und witzigsten Radioleute, die ich in den letzten 25 Jahren kennengelernt habe – viele Weggefährten aus alten Tagen bei Radio Zürisee und Radio 24, aber auch viele gewitzte Kolleginnen und Kollegen, die deutlich jünger sind und mit viel Herzblut für dieses Medium tätig sind.

SRF 3 bleibt das passionierteste und bestinformierte Mainstream-Radio und wird mir beim Autofahren sicher noch im Ohr bleiben. Auch die eine oder andere Diskussions- oder Spezialsendung werde ich mir gerne anhören. Ich bin stolz, eine Zeit lang Teil dieses Programms gewesen zu sein und werde meine Billag-Gebühren weiterhin gerne zahlen, im Wissen darum, dass diese Gelder ein gehobenes journalistisches Umfeld sicherstellen, das es ohne den Sonderstatus als öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht mehr gäbe. SRF 3 klingt heute vielleicht ähnlich wie all die privaten Dudel-Stationen, aber der Sender hat noch immer etwa doppelt so viel Niveau und Grips als seine Mitbewerber. Lange lebe SRF 3!

2 Comments

  • Antworten September 8, 2015

    Chris

    Wenn ich mir gerade heute mal wieder die Stil-Tipps von Frau Schubiger angehört habe, die leider so gar keine sind, empfinde ich es schon als sehr schade, dass Sie nicht mehr auf SRF 3 sind

    • Antworten September 8, 2015

      Jeroen van Rooijen

      Danke, lieber Chris – alles hat seine Zeit! Der Sender will jünger werden, ich kann das nicht. Nächste Woche Dienstag bin ich übrigens frühmorgensauf SRF2 Kultur zu hören!

Leave a Reply