Interessante Reaktionen auf den letzten Artikel zum Thema Müll am Open Air Frauenfeld, die vornehmlich via Facebook hereinkommen. Während die Ü30-er den zugegebenermassen im Affekt niedergerotzten Beschreibungen scheinbar mehrheitlich zustimmt und den „Like“-Button klickt, gibt es doch einige differenzierte Gegenstimmen, die wiederzugeben sich lohnen.
Es beginnt mit M.J., der einwirft: „Wait, wait, wait: Ist es nicht Aufgabe des Festivals, das jedem 300 Franken abgenommen hat, hier aufzuräumen?“ – doch, da ist etwas dran. Allerdings ist das Perverse daran doch, dass die Entsorgungskosten vorweg in den Eintrittspreis inkludiert sind? Dem entgegnet M.J. wiederum schlagfertig: „Im Restaurant wäscht du ja auch nicht selbst ab. Das ist im Preis für das Essen inbegriffen.“
Erfreulich engagiert auch die Gegenrede von D.K.: „Mit einer ganzen Generation aufgrund von ca. 20 000 Jugendlichen auf der Allmend abzurechnen ist sehr wohl reaktionär und ausserordentlich arrogant. Ich verurteile ja auch nicht alle über 60 Jährigen als nationalsozialistische Nostalgiker, nur weil 50 Prozent dieser Altersgruppe rassistische Tendenzen bei den Abstimmungen im Land manifestiert.“
Klar, die Kids tun nur, was man ihnen vorlebt. So sieht es auch F.M.: „Ich find die entwicklung ja auch völlig verwerflich. Nur: diejenigen, die an Gummistiefel und Zelten zu Wegwerfpreisen verdienen, sind mindestens ein bis zwei Generationen älter, als die Openairgänger und nicht minder schuldig.“ – Ins selbe Horn stösst A.F.: „Das Schlimmste an der ganzen Geschichte ist meiner Meinung nach nicht einmal, dass die Kids ihren Müll nicht wegwerfen, sondern dass all die Zelte, Stühle etc nach einmaligem Gebrauch einfach weggeworfen werden. Diese ganze Billig-Schrott-Wegwerfgesellschaft, und das sind nicht nur die Kids sondern wir alle.“
Schliesslich dürfen zwei engagierte Voten aus der angefeindeten Zielgruppe der Millenials in dieser Aufarbeitung des Thema nicht fehlen. Da ist zum einen A.K., die schreibt: „Bei aller Liebe: aber der letzte Abschnitt deines Textes finde ich für jemanden, der Stil predigt, bedenklich.“. Sie verweist auf einen guten Blogbeitrag aus ihrer Feder, der das Thema aufgreift: „Eure Hasstiraden gegen meine Generation machen mich krank.“
Und zur Krönung die sehr ausführliche und beherzte Replik von C.B., die das Festival auf der Allmend mit Freunden sehr genossen hat und schreibt: „Ich bin mir sicher, Du hattest auch deine Open-Air-Zeiten oder zumindest hast du (so hoffe ich) als Jugendlicher auch Parties oder Konzerte miterleben dürfen und ich bin mir sicher, auch du hast nicht jede Bierdose umweltgerecht entsorgt, also verzeih doch bitte meiner Generation. Klar bin ich auch schockiert von den vielen Zelten, die heute verlassen und kaputt (eventuell vom Wetter, über das meine wie auch deine Generation keine Macht hat) zurückgeblieben sind, aber bitte verurteile doch deshalb nicht gleich die ganze Jugend!“
Also gut. Das war nicht „die ganze Jugend“ an dem Festival, nein. Es war eine besondere Spezies oder Subkultur, die offenbar stärker als andere zur Rücksichtslosigkeit neigt. Vielleicht hat es mit der Musik zu tun? Beobachter, die etwa am Open Air St. Gallen waren, erzählen von viel mehr Entsorgungsdisziplin. Vielleicht stimuliert Rap den Egoismus stärker?
Was wir aber noch festhalten möchten: Diese Allmend Frauenfeld ist vielleicht ein Pferderenn- und militärischer Exerzierplatz, aber ebenso ist diese grosse, zwischen Murg und Thur liegende Grünfläche ein Naherholungsgebiet und Naturreservat von einiger Schönheit. Hier kommen Menschen hin, weil es ruhig und idyllisch ist. Hier leben Wildtiere, grasen Schafe und brüten Vögel. Einen solchen Ort derart zu hinterlassen kann einfach nicht toleriert werden, ganz egal, wie gross der Spass war, den man dort hatte. Das ist skandalös und verantwortungslos. Der „Blick“ hat sich eben gemeldet und will eine Geschichte darüber machen, ebenso mein Haussender, SRF 3. To be continued …
Das obige Bild gibt übrigens einige Vertreter der Generation der „Millennials“ wieder, man kann sie und ihre Erlebniswelt derzeit im Gewerbemuseum Winterthur an der Ausstellung „Fashion Talks“ erleben. Dazu ein anderes Mal mehr. Und jetzt Schwamm drüber (im wahrsten Sinne des Wortes) – wir wollen uns wieder erfreulichen Dingen zu wenden.
Ein Nachtrag vom 8. August 2014: Zum besseren Verständnis der „Jugend von heute“ und ihrer Wesensart lese man auch diesen guten Artikel aus der „Welt“: „Auf dem besten Weg in die absolute Verblödung“ – Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier