Kürzlich eine interessante Diskussion auf Facebook, wo eine Bekannte, nennen wir sie einfach mal Simona, die Meldung verbreitete, dass sie aus einem Café rausgeworfen wurde, weil sie ihren Laptop öffnete. Darf man das? Ist das nicht von gestern?
Ich meine: Der Wirt hat vollkommen richtig gehandelt. Man muss als Gastronom diesem Phänomen rechtzeitig einen Riegel schieben, oder es sieht in jedem Café bald aus wie im „Grande“ am Zürcher Limmatquai: Lauter einzelne Menschen sitzen neben einem kalt werdenden Cappuccino vor ihren silbergrauen Computern und starren auf ihre Screens. Oft haben sie auch Kopfhörer in den Ohren. Der Tod jeder Atmosphäre.
Ich nenne diese Individuen, die sich offensichtlich kein richtiges Büro leisten oder denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt „Cappuccino-Workers“. Sie blockieren solo stundenlang Sitzplätze in netten Cafés und konsumieren dabei minimal. Damit ruinieren sie nicht nur die lebendige Stimmung in einem Lokal, sondern auch den Umsatz des Betreibers. Man sieht sie inzwischen überall.
Ein Café ist doch ein „Social Space“, wo man Menschen trifft, die Zeitung liest, sich austauscht und um sich schaut, und nicht eine Art bewirtetes Büro? Liege ich falsch? Wenn ich Wirt wäre, würde ich Gäste mit Laptops auch engagiert verscheuchen. Oder mit einer Konsumationspflicht von mindestens zwanzig Franken pro Kopf und Stunde belegen. Dann würden sich diese Egoisten vielleicht bald mal überlegen, ob ein richtiges Büro nicht günstiger wäre.
Und weil ich den Wirten gerne dabei behilflich bin, diese zeitgeistige Dringlichkeit zur Aufrechterhaltung der Café-Kultur auch durchzusetzen, habe ich nachfolgend ein kleines Schildchen gebastelt, das man diskret am Eingang des Lokals befestigen kann… Bitteschön.
Philip
Tatsächlich gibt es welche, bei denen keine Notwendigkeit besteht, ihr Laptop in einem Lokal zu nutzen.
Die, welche damit angesprochen sind, sieht man vor Allem Samstags und Sonntags. Die meisten davon sind weiblich und meistens steht ein Gerät der bekannten Obst-Firma aus Cupertino auf dem Tisch.
Es handelt sich um ein Lifestyle-Phänomen.
Ich nenne es „Ego Brunch“.
Und es gehört zum Lifestyle der sich von der freitäglichen AfterWörk Party über SamstagSchopping, Abend/Nacht Partys und Kollegen/Familien-Brunch usw integriert.
Mir kam’s auch schon mal vor, dass ich mein kleines Netbook auf dem Tisch eines Lokal’s hatte. Verwerflich? Nein, es war Notwendigkeit, das Gerät ein Werkzeug und der Zweck Kommunikation usw.
Abgesehen davon, fragt sich, was es denn mit den omni-präsenten Smartphones auf sich hat. Diese mögen kleiner und damit etwas diskreter sein. Aber die Wirkung ist die Selbe.
Christoph
Fraglich ist jedoch auch ob diejenigen, die ausgedehnt Zeitung(en) lesen, wesentlich mehr zu Atmosphäre und Umsatz beitragen.
Nico
Danke, Jeroen. Ich mache indes die Erfahrung, dass die Mehrheit mit dieser Art von Gebaren kein Problem hat. Diesen Umstand bedaure ich zutiefst. Ich sage dies ohne die leiseste Larmoyanz, aber mit einer gewissen Resignation. Gegen Kurz-Was-Erledigen habe ich nichts einzuwenden und hätte es auch als Wirt nicht, weder beim Laptop, noch beim Mobiltelefon. Aber diese Ein-Getränk-Pro-Stunde-Lumpen – please excuse my french – würde ich mir gleichfalls nicht gefallen lassen.
Markus Künzli
Tja deswegen ab zu Starbucks. Zahl ich eben 5.90 für einen Latte, dafür werde ich als Kunden nicht von unfreundlichen Wirten belästigt, kann so lange dort bleiben, wie ich will und haben gratis WLan. Willkommen im 21. Jhd.
Jeroen van Rooijen
Ganz wie Sie wollen – jedem seine Form der Horizonterweiterung.
Markus Künzli
Na dann erwarte ich sehr gerne Ihren konstruktiven Input, wo ich als im Aussendienst tätiger Mensch (3 Termine / Tag) an einem regnerischen Tag die Rapporte der ersten beiden Termine schreiben soll, wenn nicht in einem Café?!
Jeroen van Rooijen
Schon mal was von Shared Spaces gehört? Willkommen im 21. Jahrhundert … buero-zueri.ch, impacthub.ch oder officezuerich.ch, just to name a few.
Markus Künzli
Schön dass sich die Welt nur um Zürich dreht und danke für die… nürzliche… Horizonterweiterung. Aber irgendwie doof, wenn man regelmässig in kleinen Dörfern (sogar in anderen [sic!] Kantonen) unterwegs ist. Fairerweise: da gibt’s auch keine Starbucks-Fillialen – aber zum Glück doch auch noch tolerante Wirten.
Nehmen Sie negative Kommentare auf Ihrem Blog nicht so persönlich – Internet Streitereien sind dann so gar nicht stilvoll.
Dirk
Na, das 21. Jh gestaltet sich noch, das Thema wird bestimmt wieder auftauchen. Die Abgrenzung wird in der Stadt mit seinen Internetcafés wohl deutlicher als auf dem Land sein. Leben und Leben lassen, ich denke der Wirt hätte der „Simona“ gegenüber sein Anliegen auch höflich erklären können. Allerdings sind Cafés wo nur Studenten vor ihren PCs sitzen irgendwie unheimlich, da setzt man sich nicht gerne hin und plaudert los. Aber…neulich in der Metro/U-bahn fiel mir eine wohltuende Stille auf, es war nach Arbeitsschluss. Ich schaute hoch und quasi jeder war dabei, über sein Smartphone zu „wischen“.