Gestern Sonntag in der „NZZ am Sonntag“: Das Foto von Luigi Andreis, einem Modehändler und Boutiquenbesitzer aus dem norditalienischen Trento, den ich Anfang Februar in Zürich zufällig traf. Ich war an einem Sonntag in der „Laborbar“ im Kreis 5, um auf der „Boot Root“ noch ein paar Accessoires für den Herbst einzukaufen, als mir Luigi Andreis auffiel. Er war einfach, aber sehr gut angezogen – typgerecht und so, dass man den Kenner erkennt. Hier kommt der Text zu dem Artikel aus dem „Stil“-Magazin.
Gut angezogene Männer über 45 sind bei uns noch immer eine Seltenheit. Zum Glück trifft man aber Typen wie den Norditaliener Luigi Andreis, der zeigt, wie mühelos es ginge.
Man braucht einen besonderen Humor, um eine Boutique mit exklusiven Designermarken „Getrennte Müllsammlung“ zu nennen. Dies und nichts anderes bedeutet „Raccolta Differenziata“ – der Name des Mode-Geschäfts von Luigi Andreis, 47, aus Trento im obersten Norden Italiens. „Raccolta Differenziata“ steht für das, worin die Italiener bekanntlich nicht besonders gut sind: den bewussten und nachhaltigen Umgang mit Reststoffen.
Allerdings ist Luigi Andreis besonders gut im Umgang mit dem, was er als eigenen „Müllberg“ anhäuft – er gilt als Könner im Zusammenstellen und Kuratieren von modischen Sortimenten. Aus diesem Grunde war der attraktive Italiener Anfang Februar auch in Zürich – er besuchte die wohl kleinste Jeans-Messe Europas, die „Boot Root“ in der Labor-Bar in Zürich-West. Dort kaufte Andreis für die Saison Herbst/Winter 16/17 ein, bei Marken wie Stetson, Scarti Lab, Redwing, Nigel Cabourn oder Salvatore Piccolo. Darüber hinaus führt er in seinem Geschäft Marken wie Dries van Noten, Forte Forte, Paul Smith oder Isabel Marant.
Zu Luigi Andreis‘ bestverkauften Produkten gehören seit Jahren schon die Taschen des Zürcher Labels Freitag – „Ich denke, der Erfolg von Freitag hat mit einem guten Verhältnis von Qualität und Preis zu tun“, räsoniert der Modeunternehmer. Wobei dieser Begriff – „Modeunternehmer“ – im Grunde unpassend für Luigi Andreis ist, denn er mag das, was man als Mode versteht, nicht sehr gerne. Ich bevorzuge es, Produkte zu verkaufen, die nicht Mainstream sind“, sagt er, „vielmehr sollten sie so interessant und zeitlos wie möglich sein.“ Er steht selbst oft im Laden, und er merkt, dass seine Kunden dies schätzen: „Die Krise hat uns eigentlich noch geholfen, uns wirklich auf das zu konzentrieren, was wirklich von dauerhafter Qualität ist“, sagt er.
Bei unserer Begegnung an einem grauen, leicht regnerischen Sonntagmittag trug Luigi Andreis ein rostrotes, figurbetontes Strick-Jackett von Icho Nobutsugu aus Japan über einem schlichten, schwarzen Rollkragenpullover von John Smedley, dazu kombinierte er eine grüne Moleskin-Hose von Ann Demeulemeester und geschnürte Boots von Marsèll.
Kein aufregender, schreiender Style, aber sehr passend und auf eine entspannte Weise souverän für diesen Mann, der so anders auf die Mode blickt als viele in diesem Gewerbe. „Wenn etwas als <in> bezeichnet wird, kaufe ich meistens das Gegenteil davon“, grinst er gelassen. Und er geht noch ein Stück weiter, wenn er sagt: „Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Marke ihr Geld nicht mehr wert ist, dann lasse ich die Finger davon.“ – Solch couragierte Charaktere braucht der Handel! Und solch entspannte Stilvorbilder im besten Alter braucht die Welt.
stephan meyer
Ich L I E B E das SONNTAGSOUTFIT in der NZZ, ganz toll! Besonders Luigi Andreis, die Strickjacke ist ja wohl der Hammer.
Mach doch mal ein paar Schweizer in Berlin…es gibt ja genug!
Marc Schmid
Toller Artikel, danke Jeroen!
Der Herr kommt sehr authentisch rüber, unaufgeregt und trotzdem akzentuiert.
Gefällt mir gut!