’schnofrei?

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Täglich fragen Leute im Zug, ob der Sitz noch frei ist, obwohl dieser klar sichtbar frei ist. Ist diese Frage ein «to do» oder nicht? Meine Meinung ist diese: wenn ein Platz frei ist, so darf sich jedermann (frau) hinsetzen, ist ja ein öffentlicher Betrieb und kein Privattransport. Anders jedoch die Lage, wenn Taschen die Sitzfläche belegen, hier meine ich, wäre die Kommunikation ungefähr wie folgt: «Guten Tag ich möchte mich hier gerne hinsetzen, Danke.» Was ist ihre Meinung? Brigitte L.

Ein Klassiker unter den Stilfragen! Ich habe dazu schon verschiedentlich Stellung genommen, unter anderem einmal bereits im Frühling 2010, als ich im Bahnmagazin «Via» der SBB eine regelmässige Stilkolumne namens «Fragen Sie van Rooijen!» schrieb. An diese erinnern sich bis heute immer wieder Menschen, was mich überrascht, aber auch freut. HIER ist sie nachzulesen.

Meine Meinung weicht leicht von der ihren ab. Denn ich finde, dass man die Absicht, sich hinzusetzen, auch dann ankündigen soll, wenn ein Sitz deutlich sichtbar frei ist. Es ist ein sehr kleiner Aufwand und kommt einer Begrüssung des Mitreisenden gleich. So viel Höflichkeit muss sein.

Meistens sagt man also: «’Schnofrei?» – in korrekt artikuliertem Deutsch wäre das «Ist hier noch frei?» – «Schnofrei?» ist mir persönlich zu wenig der Form. Ich frage also jeweils: «Darf ich mich zu Ihnen setzen?» Das gibt Spielraum, denn es könnte ja sein, dass der Platz zwar frei ist, der Angesprochene bei der nächsten Haltestelle aber drei Freunde erwartet und gerne mit diesen reisen würde.

In Intercity- und Fernzügen frage ich immer, ob ich jemandem Gesellschaft leisten darf. Damit meine ich nicht, dass ich ihn dann die ganze Zugfahrt voll zu quatschen gedenke. Ich habe selber gerne meine Ruhe im Zug. In der S-Bahn ist das Fragen aber leider aus der Mode gekommen, da setzen sich die meisten hin, ohne sich auch nur anzublicken.

 

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