We think about Switzerland

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Aziza Zina

Was ist typisch für die Schweizer Mode? Solche Fragen bekommt man als Auskunftsperson, welche die helvetische Szene seit 25 Jahren aus bester Perspektive beobachtet, jede Saison wieder gestellt. Am Samstagabend fragte das Peoplemagazin „Glanz & Gloria“ des Schweizer Fernsehens danach, für eine Sendung, die am Sonntag ausgestrahlt wird.

Ja, wie ist sie denn nun, die Schweizer Mode? Lässt sich überhaupt ein qualifizierendes Merkmal ausmachen, das für alle gilt? Vielleicht dieses: Sie ist temperiert. Also immer so mittendrin, nie zu laut, nie zu schrill, aber auch nicht einfach nur klassisch. Sie ist manchmal tragbar und anständig, wohlangezogen quasi, wie bei Asandri, die am Samstag als eines von fünf Labels im Rahmen der Mercedes-Benz Fashion Days in Zürich ihre Kreationen zeigten.

Schweizer Mode ist manchmal aber auch feminin-verzärtelt, ein bisschen verträumt und mädchenhaft-sanft wie die Sachen von Aziza Zina. Oft ist sie ein bisschen konventionell, also nahe an den Standards, dafür aus exklusiven Stoffen gemacht, wie die klassische Couture von Good & Vitalini aus St. Moritz – elegante „Special dresses“ für besondere Momente. Denn etwas besonderes, das kauft sich auch die notorisch nicht so modemutige Schweizerin gerne in etwas besserer Qualität.

Oft hat Schweizer Mode auch etwas „Erzieherisches“, im Sinne von: Man müsste sich eigentlich so oder so kleiden. Natürlichere Stoffe, weitere Schnitte, zeitloserer Stil. Eine haltbare Mode scheint dann das Fernziel, etwas, das die Zeit überdauert. So wie es Javier Reyes in Bern entwirft. Schweizer Mode ist aber fast nie nur Mode. Einfach coole Anziehsachen für den Moment. Das wäre zu einfach. Und vielleicht ist das ja richtig, denn Mode kommt aus der Mode. Auf lange Sicht, zumindest. Und bei einer Kundschaft, die nicht mehr 25 ist, sowieso.

Schweizer Mode lässt sich also nicht in einem einfachen Slogan zusammenfassen. Im besten Fall ist sie wertvoll, bedeutungsvoll, gut gemacht, durchdacht und ein bisschen diskret. So wie eine teure Uhr von Patek Philippe oder Jaeger-LeCoultre. Im schlimmsten Fall ist sie gebastelt, unsensibel, hölzern und furchtbar konzeptionell. Der Westschweizer „L’Hebdo“ publizierte unlängst eine Breitseite in dieser Richtung, die den Schweizer Deisgnern pauschal Verkopftheit und Marktunfähigkeit unterstellte.

Eine fünfte Kollektion war am letzten Abend der Zürich Fashion Days auch zu sehen. Namen vergessen, Bilder verdrängt, kein einziges Foto gelungen. Zum Schutze der Person, die diese Fingerübung auf den Laufsteg geschickt hat. Zum Glück gibt es andere, und nicht wenige. Denn die Schweiz bietet einen guten Boden für die Mode. Bühnen und Showcases gibt es wie lange nicht mehr. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zum Gelingen des einheimischen Marktes.

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