Weil die frohe Kunde ohnehin schon in der Branche die Runde macht, hier ein kurzer Hinweis in eigener Sache: Ich werde meine inzwischen 15-jährige Zusammenarbeit mit der Neuen Zürcher Zeitung bzw. der NZZ am Sonntag per Ende Juni 2018 beenden und somit das inzwischen bald 25-jährige Kapitel „Printmedien“ meines Lebens abschliessen.
Wer mich ein wenig kennt, der weiss, dass die Beziehung zur NZZ, die mich nun doch so lange beschäftigt hat, nicht immer ungetrübt war. Gerade in den letzten sieben Jahren, seit die Zeitung mein „eigenes“ Projekt namens „Gentlemen’s Report“ übernommen und (zu) schnell wieder beerdigt hat, hat das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischenzeitlich etwas gelitten. Dennoch blieb ich der NZZ immer irgendwie verbunden, weil sie bis heute die bestmögliche Bühne für das war, was mich interessierte und antrieb. Wenn ich nun per 30.6.2018 die NZZ definitiv verlasse, so tue ich dies doch im Guten. Ich habe inzwischen Frieden geschlossen mit diesem Unternehmen, das durch sehr schwierige Zeiten geht – und ich wünsche all jenen, die dort beschäftigt sind, also auch meinem ganzen Team, nur das Beste für die ungewisse Zukunft. Es gibt eine Zukunft, so wie es diese in den letzten Jahren immer wieder gab.
Es war für mich eine formidable Zeit mit vielen Highlights. Und ich bin einigen Leuten zu grossem Dank verpflichtet, dass sie mir diese Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung geboten haben. Das ist etwa der inzwischen verstorbene Sigi Schär, der mich 2003 als Redaktor für die Rubrik „Mode an der Limmat“ zu sich ins Ressort „Zürich“ holte. Daraus wurde bald mehr, etwa, als der grossartige (und heute pensionierte) Felix E. Müller mich ab 2004 zu sich ins Team der NZZ am Sonntag bestellte, um dort den Bund „Stil“ zu entwickeln. Aus einem Wurmfortsatz des damaligen Ressorts „Gesellschaft“ wurde ein eigener Mikrokosmos mit einem heute über 15-köpfigen Team, das auch die Luxusbeilage „Z“ verantwortet, welche ich 2005 mit lancieren und entscheidend prägen durfte. Es war eine tolle Spielwiese, auch wenn von Anfang an klar war, dass es bei „Z“ um Anzeigen und nicht so sehr um Publizistik ging. Egal – denn das Magazin ist bis heute das ertragstärkste „Werkzeug“ des Hauses NZZ. Und so etwas ist heute auch ein wichtiges Argument.
Ich habe in den 15 Jahren bei der NZZ tolle Sachen machen und viele spannende Menschen treffen können. Was besonders toll ist und nur dank des liberalen Geistes der NZZ möglich war: Ich durfte immer auch anderes machen, so lange ich meine Leistung fürs Haus erbrachte. Das erlaubte mir, anderswo Kolumnen zu schreiben, eigene Projekte zu lancieren oder auch etliche Jahre am Radio über Stil und Mode zu parlieren. Dass ich nicht nur ausschliesslich Journalismus betrieben habe, hat mich all die Jahre auch ein Stück weit beweglich gehalten. Ich bin, anders als viele Kollegen im mittleren Alter, nicht einer von jeder Sorte geworden, der den Niedergang der Medien beklagt, sondern finde, dass es zwar härter, aber auch vielseitiger und spannender geworden ist. Journalisten müssen heute selber Marken sein – das passt nicht allen, mir hat es aber sehr entsprochen. Auch habe ich grossen Spass an Online-Arbeit, die schneller und selbstbestimmter ist als das print-dominierte Mediengewerbe, in das ich vor 25 Jahren eingestiegen bin.
Zu grossem Dank verpflichtet bin ich auch Nicole Althaus, die mich im Sommer 2016 nach einer Phase der eher losen Zusammenarbeit wieder fest ins Team der „NZZ am Sonntag“ holte, um das Online-Lifestyle-Portal „NZZ Bellevue“ mit zu entwickeln und mir vor einigen Monaten auch das Vertrauen aussprach, um die bis dahin getrennten Teams der Online- und Print-Redaktion Lifestyle zusammenzuführen. Es knackte und rumpelte bisweilen heftig. Doch dieses Projekt ist nun implementiert, die Truppe am zusammenwachsen. In gewissem Sinne ist also meine „mission accomplished“. Nun gilt es für die, die bleiben, das Beste aus der geballten Stil-Power zu machen – für die Printprodukte „Stil“ und „Z“, aber auch für „NZZ Bellevue“ und auch für Social Media, die immens wichtig geworden sind. Die neue Chefredaktion unter Luzi Bernet weiss, woher der Wind weht und was heute gefordert ist – das stimmt mich optimistisch für die, die ich zurücklasse. Das Team wird sich neu formieren – was ich gemacht habe, können auch andere, hoffentlich jüngere KollegInnen!
Ich gehe nun also im Frieden. In eine Zukunft, in der ich mich wieder verstärkt meinem anderen Schwerpunkt im Leben widmen möchte: Dem Handel und dem Handwerk. Diese waren immer „Nebengeleise“, haben sich aber beide im Stillen auch weiterentwickelt. Ich war die letzten fünf Jahre meiner nun zu Ende gehenden journalistischen Karriere auch immer Unternehmer, und das wird nun endlich jene Zeit bekommen, die diesem Bereich gebührt. Meine Frau Nina und ich haben mit dem Concept Store „Cabinet“ vor zweieinhalb Jahren einen veritablen Glückstreffer gelandet, der sich gut entwickelt und mehr Zeit beansprucht. Es ist jetzt bereits der schönste Laden von Zürich-West – und es gibt noch Luft nach oben.
Wir können mit dieser Bühne erstmals auch die Pläne einer eigenen Modelinie umsetzen. Mit „Cabinet“ haben wir eine Plattform, lokales Handwerk wieder zu pflegen und auf kleiner Flamme eigene Kleidung zu entwickeln. Ich freue mich, dafür meine ursprünglich erlernten handwerklichen Skills wieder zu pflegen. Ich bin ja von Natur aus Modemacher, habe im Grunde auch gar nie etwas anderes gelernt – das rückt jetzt bald wieder ins Zentrum meines Lebens. Ich freue mich sehr, dass diese Skills immer noch da sind und ich Freude daran habe, Schnitte zu machen, sie zu gradieren und Prototypen zu nähen. Es beglückt mich, Mode und Kleidung wieder einen Sinn und Wert zu geben – in Zeiten, in denen Outfits zur Wegwerfware geworden sind, sicher ein Challenge, aber mich reizt eine solche Herausforderung.
Ich werde mir Mühe geben, auch dieses neue Kapitel so passioniert und experimentell anzugehen, wie ich die letzten 25 Jahre Medien gemacht habe. Dass es mit dem Journalismus nun vorbei ist, will ich aber noch nicht so ganz glauben. Und vielleicht ist es das ja auch nicht: Ich kann mir vorstellen, dass es – im Nebenerwerb – Content-Projekte, Kolumnen oder Mandate gibt, für die ich das erworbene Wissen und die Fähigkeit, schnell einen schmissigen Text zu liefern, weiterhin einsetzen kann. Ich vermute aber aufgrund des Zustandes der Medienbranche, dass diese Möglichkeiten sich eher im Bereich des Online- und Corporate-Publishings als im Bereich der traditionellen Printmedien liegen. Vielleicht werde ich ja Influencer? Kleiner Scherz. – On verra! Ich bin offen, und das fühlt sich gut an.
Esther-Mirjam de Boer
Lieber Jeroen, von Herzen wünsche ich Dir Freude und Erfüllung bei der Veränderung und mit allen neuen Aufgaben, die kommen. Ich habe Deine gut gespitzte Feder immer sehr gemocht, die Medienwelt verliert mit Dir eine besondere Begabung: klares Auge, wacher Verstand, pointierte Ausdrucksweise, Sinn für Relevanz. Ich freue mich, diese Begabungen im Modehandwerk wirken zu sehen und bin sehr gespannt auf die Ergebnisse! LG Esther