Oh Herr, gib mir ein Hotel. Gerne ein kleines und persönliches mit Charme und einem beherzten Inhaber, der am Empfang steht. Das darf auch ruhig etwas kosten. So etwas, wie es das Nühus in den Bündner Bergen ist. Oder etwas wie die Villa Augustus in Holland. Solche Perlen habe ich in Paris, Mailand, München oder Amsterdam leider noch nicht gefunden. Wenn das unmöglich ist, gib mir bitte eine kleine Hotelkette, auf die ich mich verlassen kann, egal wo ich gerade bin. So etwas wie die 25-hours-Hotels aus Hamburg, bei denen man immer gut aufgehoben ist. Aber bitte verschone mich mit Luxushotelketten, die nur aufgeblasenen Pomp bieten, den ich nicht brauche, wenn ich beruflich unterwegs bin. Ich brauche keine „Relais & Chateaux“, ich will essenzielle Dinge, nicht mehr: Meine Ruhe, ein gutes Bett mit frischen Laken, eine Dusche, leckeres Frühstück ein modernes Ambiente.
Und bitte bitte, oh Herr, verschone mich in Zukunft von Air B’n’b. Ich bin komplett geheilt vom romantischen Gedanken, „bei jemand privat“ zu wohnen. Denn dieses Konzept hat sich innert weniger Jahre in sein perverses Gegenteil verwandelt.
Man wohnt, wenn man Air B’n’b bucht, nämlich meist bei gar niemandem. Dafür in einer anonymen, kahlen und nur notdürftig mit Ikea-Plunder auf gemütlich getrimmten Pseudo-Privatwohnung, die tatsächlich ein zu teures Miet-Apartment ist. So habe ich’s die letzten Male in Paris, Mailand und Florenz erlebt. Man steht eine halbe Stunde draussen vor dem Haus auf dem Trottoir und wartet, nimmt dann von irgendeinem verschwitzten Lümmel auf einer Vespa einen Schlüssel entgegen, betritt dann ein Apartment, dass der Mittelmann selbst nicht so richtig kennt und darf sich dann mit leeren Küchenschränken, synthetischen Bettdecken, miesem Wasserdruck in der Dusche und dem verstopften Abfluss im Bad herumschlagen. Selbstverständlich kostet dies nicht ganz den Preis eines Hotelzimmers und man kann sich einreden: Ich hab dafür eine ganze Wohnung! Man muss aber alles selber machen, was einem sonst Concierge und Zimmerdienste abnehmen.
Die andere Alternative: Man wohnt tatsächlich in einer Privatwohnung, in der allerhand Krimskrams herumsteht und einem aus Bilderrahmen von Fotos Menschen anblicken, die man nicht kennt. Im Kühlschrank rottet etwas vor sich hin, dessen Konsistenz sich nur schwer erschliesst. Man starrt auf die Bücherwand und reimt sich etwas zum geistigen Horizont des Vermieters zusammen. Man schnüffelt an der Decke auf dem Sofa und versucht die Gedanken zu unterdrücken, die aus dem Unterbewusstsein heraufdrängen. Man zieht diese oder jene Schublade auf und fragt sich, wo wohl der Flaschenöffner sein könnte. Und wenn morgens der Duschvorhang am nassen Körper klebt, zuckt man vor Ekel zusammen.
Air B’n’b ist ein Problem. Nicht nur für die Innenstädte, wo findige Profis reihenweise Wohnungen mieten, um sie dann als temporäre Bleibe viel zu teuer unterzuvermieten, sondern auch für die Reisenden. Man wird, wie bei den Airlines auch, immer mehr zum Do-it-yourselfer, statt sich auf die Annehmlichkeiten von Dienstleistungen verlassen zu können. Spart man etwas? Vielleicht, wenn man mit Kind und Kegel reist. Aber als Individual- oder Geschäftsreisender ist das Konzept ein Mist. Man verliert Zeit, Nerven und sieht sich überdies mit Dingen konfrontiert, die man nicht erwartet hat. Auf den Fotos sieht alles klasse aus, Photoshop macht’s möglich – in Realität ist’s dann aber sogar im achten Stock saumässig laut, die Fenster sind undicht, die Klimaanlage ist leider gerade kaputt und der Lift fährt auch nicht. Kontrollieren tut das keiner, denn das System baut ja auf Do-it-yourself-Kontrolle und Eigenverantwortung der User. Dass tatsächlich alle möglichen Leute im Auftrag der Anbieter liken und Kommentare schreiben, ist wohl die andere Wahrheit. AirBnbHell.com ist voll solcher Geschichten.
Also: I’m out. Air B’n’b hat mich als Kunden verloren. Dieses Kapitel der digitalen Revolution habe ich hinter mir. Ich geh wieder in Hotels. Ich schwör’s.