Digital Detox (2/40)

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E-Mail ist ein Segen für die Welt. Wenn man bedenkt, wie viel Papier, Benzin und andere Roh- und Treibstoffe gespart werden können, weil Briefe heute durch Datenleitungen flutschen, statt umständlich von Postboten überbracht werden, so ist der Umwelt-Effekt des Internets wohl gigantisch. Andererseits werden, weil es eben nichts kostet und per Knopfdruck Hunderte oder Tausende erreicht, natürlich Unmengen unnötiger elektronischer Post verschickt. Die Datenspeicher, die mit dieser Nachrichtenflut beschäftigt sind und gekühlt werden müssen, machen den Umwelteffekt des Internets wohl also gleich wieder wett.

Ich weiss nicht, wie es anderen geht, aber ich denke, ich veröffentliche hier eine Einschätzung, die viele teilen: Es wird viel zu viel elektronische Post verschickt. E-Mail ist die Pst der modernen Welt. Würde ich alle Nachrichten, die mich auf meinen drei privaten Accounts sowie im Büro bei der NZZ erreichen, täglich ernsthaft lesen und beantworten wollen, so wäre ich hauptberuflicher E-Mail-Beantworter – und dennoch dauernd überfodert. Denn eine E-mail zu lesen und zu beantworten braucht je mindestens 5 Minuten, und bei täglich 100 Nachrichten (mindestens) wäre ich täglich exakt 8.33 Stunden am Post bearbeiten. Und hätte noch nichts eigenes hergestellt, geschrieben oder sonstwie produziert.

Deshalb checkt man kontinuierlich E-Mail: Mehrmals täglich wird die Mailbox gecheckt, blitzschnell Spam von echten Nachrichten unterschieden, priorisiert, manchmal im Stehen oder auch auf dem Klo sitzend mit Zweizeilern beantwortet. Merkt ja keiner. Man fasst sich kurz, kürzer, superknapp, und ist doch im Dauerstress, weil jedes Mail, das man beantwortet, potenziell wieder ein neues auslöst – wer viel „cc“ macht, der tritt wahre Lawinen los.

Deshalb nun hier, als Digital Detox Kapitel 2, ein kleiner Leitfaden zum persönlichen Umgang mit E-Mails.

1. Ich werde die geschäftlichen E-Mails nur noch einmal täglich anschauen – nach der Mittagszeit, und dann versuchen, die wirklich bedeutenden zu beantworten.

2. Die privaten E-Mails schaue ich ebenso einmal täglich an – am ehesten am Morgen, wenn man ausgeruht, fit und urteilsfähig ist.

3. Nicht persönlich adressierte Massenmitteilungen (also bcc.) werden sofort und unbesehen gelöscht, ganz ungeachtet der Attraktivität der Betreffzeile.

4. cc-Nachrichten werden höchstens überflogen und grundsätzlich nicht beantwortet, weil man ja nur mit gemeint, aber nicht explizit angesprochen ist.

5. E-Mails, die gemäss den Regeln der anständigen Kommunikation formuliert sind, und das beinhaltet eine freundliche persönliche An- und Abrede, Absender, korrekte Gross- und Kleinschreibung und überschaubare Inhalte (max. eine traditionelle A4-Seite), werden mit erster Priorität innert 48 Stunden beantwortet.

6. E-Mails, die nur einfach schnell hingehauene Zweizeiler sind und jede Art der Höflichkeit vermissen lassen, kommen nach einer schnellen Durchsicht in den Mülleimer, ohne beantwortet zu werden.

7. Auf die weit verbreitete Anfrage „Schicke mir ein paar Terminvorschläge“ wird nicht eingegangen, weil es einen vom Angefragten zum Gejagten macht. Wer einem ein Ohr abkauen oder anders die Zeit stehlen will, soll selber gleich Vorschläge machen, die man dann prüfen kann.

Ziel dieser Massnahmen ist es, die Qualität der Kommunikation zu erhöhen, die Menge der täglichen Post zu reduzieren und das digitale Rauschen im Kopf zu reduzieren. Ich hoffe, ich bin nicht der einzige, der diesen Wunsch hat.

PS: Bei der Recherche nach einem passenden Bild noch diesen Aktuellen Beitrag zum Thema gefunden: „BASF will E-mail-Diät“ (Stern.de)

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