Heute ist „Black Friday“. Der Begriff kommt, wie dieser Tage so viel Schwachsinniges, aus den USA. Er benennt den Freitag nach dem Thanksgiving-Donnerstag, an dem viele Amerikaner traditionellerweise als Brückentag frei haben und shoppen gehen. Seit einigen Jahren ist er darum der umsatzstärkste Tag vor dem Weihnachtsgeschäft und eine Chance für die Retailer, ihre roten Zahlen deutlich in den schwarzen Bereich zu drehen. „Black“ ist dieser Freitag, weil die Kassiere am Ende des Tages schwarze Finger vom Geldzählen hatten. Mit so genannten „Doorbusters“, also besonderen Promotionsartikeln, wurde der Black Friday jeweils zusätzlich befeuert.
Nun ist der Black Friday also auch bei uns angekommen. Allerdings ist er bei uns nun der Tag der hysterischen Rabattschlacht. Reihenweise schreien die Detailhändler ihre Rabatte von den Plakaten. Es sieht so aus, als hätten alle Marketing-Manager im letzten Sommer das gleiche „Kreativseminar“ besucht, an dem ihnen geraten wurde, am letzten Freitag des November ihren Ausverkauf zu beginnen. Entsprechend wird den Konsumenten nun die Ware zum Schleuderpreis um die Ohren gehauen.
Der Black Friday zeigt aber leider nicht die Innovationskraft und den Ideenreichtum an, sondern nur seine Dekadenz und Kopflosigkeit. Es läuft derzeit vierorts richtig schlecht, viele verzeichnen Umsätze, die deutlich unter denen der Vorjahre liegen. Entsprechend panisch versuchen jetzt alle, mit Rabatten noch ein paar Kunden anzulocken. Das mag kurzfristig funktionieren. Es gibt genügend Leute, die nur noch mit Prozenten kaufen. Die Schnäppchenjägerei ist längst ein Breitensport – auch unter Menschen, die nicht sparen müssen, sondern eigentlich durchaus Budget hätten, auch etwas zum regulären Preis zu kaufen.
Der Handel hat die Leute zu dem gemacht, was sie jetzt sind: Unberechenbare, illoyale Rabattjäger. Mit der Permanenz von Mid-Season-Sales, Fashion Profit Days, Pre-Sale-Aktionen und anderem „kreativen“ Prozente-Kuddelmuddel wird schon seit Wochen das Gefühl heraufbeschworen, dass gleich der Ausverkauf los geht. Dabei fängt die kalte Jahreszeit jetzt erst richtig an! Wie selbstmörderisch diese Jagd nach Umsatzanteilen auf lange Sicht ist, kann sich jeder selbst denken. Die, die rabattieren, können zwar den Umsatz halten, doch das geht auf Kosten der Marge und der Profitablität des Geschäfts. Kurzfristig poliert man seine Rechnung auf, langfristig schaufelt man aber sein eigenes Grab.
Ausserdem wird dem Kunden mit den dauernden Rabattschlachten suggeriert, dass der normale Preis eigentlich viel zu hoch berechnet ist. Ich höre oft Menschen, die fragen, wie sich der Detailhandel diese vielen Rabatte überhaupt leisten kann. Wohl nur, indem die letzten Mohikaner, die noch den regulären Preis zahlen, über den Tisch gezogen werden? So zerstört man das letzte bisschen Vertrauen und Loyalität. Das Misstrauen gegenüber dem Handel ist gigantisch. Der Kunde beargwöhnt diese Branche inzwischen pauschal.
Ich bin entsetzt und enttäuscht über die Ideenlosigkeit und Banalität, mit dem der Handel diese offensichtlichen Probleme angeht. Es gibt zu viel Ware, zu viel Schrott, zu viele Akteure, die Schränke sind voll, die Budgets der Leute kleiner … wir müssten den Markt bereinigen, nicht weiter erhitzen. Dass er so, wie es jetzt läuft, sehr bald implodiert, ist ja absehbar. Dann wird es nicht nur einen schwarzen Freitag geben.
Caluori Ruth & Giorgio, SISLEY Poststrasse 6, 7000 Chur
Sehr geehrter Herr van Roijen
Ein grosses Dankeschön für Ihren hervorragenden Bericht. Wir vertreten die Marke SISLEY aus dem Hause Benetton, in Chur seit 1990. Vor über drei Jahren haben wir beschlossen, uns von sämtlichen Preismanipulationen zu verabschieden. Notabene: keinen Ausverkauf, keine Aktionen, keine Kundenkarte, keine Gratisgutscheine. Schlicht nur noch der schwarze offizielle Preis. Heute, morgen, in 6 Monaten, in 2 Jahren, der Preis bleibt der Preis. Wir wollten es unserer hervorragenden Marke und allen dahinterstehenden Designerinnen nicht mehr länger antun. Es hatte sich abgezeichnet, dass wir uns immer mehr im Kreis drehen und uns mehr und mehr dem potenziellen Kunden ausliefern. Die Wertschätzung unseres Produkts sank im Gleichschritt mit unseren Aktionen. Unsere Umsätze haben sich mittlerweile natürlich mehr als halbiert. Zum grössten Teil konnten wir dies durch drastisch reduzierte Wareneinkäufe wettmachen. Zum anderen sind wir gezwungen, die Betriebskosten äusserst klein zu halten. Aber: Wir generieren wieder gesunde Marge! Und: was beinahe noch erfreulicher ist: Wir dürfen vermehrt freundliche, intelligente, ehrliche und sympathische Leute in unserem Geschäft begrüssen. Unser Produkt erfährt wieder eine gewisse Wertschätzung. Wir sind mehr und mehr überzeugt, auf die richtige Strategie gesetzt zu haben.
Gerne würden wir Sie bei Gelegenheit in unserem Geschäft begrüssen, sollten Sie einmal in der ältesten Stadt der Schweiz verweilen.
Freundliche Grüsse
Ruth & Giorgio Caluori