Es ist wieder diese ultra-schwierige Zeit des Jahres: Wenn man jetzt rausgeht, um Fotos von Menschen zu machen, dann kann man fast sicher sein, dass sie dann, wenn sie endlich in der Zeitung erscheinen, saisonal kaum noch passend sind. Doch glücklicherweise hält sich der Spätsommer heuer noch ein paar Tage, und so passte das hochsommerliche Foto von Elsbeth Bär auch fast zwei Monate nach unserer Begegnung noch recht gut zum Sonntag. Hier kommt der Text…
Velofahren kann man in hautengen und bunt bedruckten Synthetik-Klamotten, wie es viele tun – oder mit Stil und Charme, so wie es Elsbeth Bär aus Bern gerne tut.
Als in diesem Sommer – es war Mitte Juli 2016 – die Tour de France für einen Schlenker nach Bern kam, war zwar schon am Vortag des Ereignisses die ganze Innenstadt gesperrt und an jeder Ecke ein kleines Fest im Gange. Der Stiljäger, bekanntlich ein Freund von Fahrrädern und elegantem Langsamverkehr, war zugegen und hoffte auf ein paar Perlen. Sich am Sonntag herauszuputzen scheint aber nicht die typische Berner Art zu sein. Wenn Velos dabei sind, erst recht nicht. Das Publikum trug T-Shirts, Shorts, Klettersandalen, Schildmützen und synthetische Rucksäcke.
Zum Glück traf ich an der Kleinen Schanze aber Elsbeth Bär. Die 64-jährige war auf einem schwarzen Phillips Superdeluxe von 1953 unterwegs – das englisch-holländische Vintage-Velo ist zwar schwer, aber begleitet sie seit 22 Jahren zuverlässig durch den Alltag. „Heute geniesse ich einfach einen schönen Tag auf meinem Velo“, lacht sie, während sie fürs Foto posiert. „Die Stadt lebt, überall hört man Musik – das gefällt mir“, frohlockt Elsbeth Bär.
Elsbeth Bär lebt in Bern und hat ihr Leben lang im Büro gearbeitet. „Ich hätte sehr gerne einen kreativen Beruf ausgeübt, aber es hat sich nicht ergeben“, resümiert sie. Also arbeitete sie tagsüber und malte abends, bis tief in die Nacht hinein. Mit diesen Bildern hat sie es in Bern zwischenzeitlich sogar zu regionaler Bekanntheit geschafft. Heute ist Elsbeth Bär pensioniert und holt nach, was bisher zu kurz kam. Sie malt immer noch mit Begeisterung und hat vor einigen Jahren auch ein Kinderbuch mit eigenen Illustrationen publiziert.
Bärs kreative Natur zeigt sich auch in ihrem Outfit. Ihr in tanzende Schlaufen gelegter Strohhut ist von der Modistin Isabelle Hofmann alias Zabo aus Carouge bei Genf. Das eierschalenfarbene Baumwollkleid hat Elsbeth Bär am Bürkliplatz-Flohmarkt in Zürich gekauft. „Ich finde dort immer die tollsten Sachen“, sagt sie. Dass das Kleid von der angesehen Zürcher Marke en Soie ist, sei ihr erst später aufgefallen. „Nichts besonderes, aber bequem“ seien die Schuhe – auch diese besitzt Bär, wie ihr Velo, schon seit langen Jahren.
PS: In dem nachfolgenden Outfit waren wir beide an dem Tag übrigens unterwegs …