Faire, ethisch korrekte und umweltschonende Kleidung ist ein extrem komplexes Thema. Ich kann selber leider nicht mit absoluter Sicherheit sagen, dass ich nur „saubere“ Klamotten besitze, aber ich bemühe mich stets darum. So kaufe ich seit Jahren nicht mehr bei den schnellen vertikalen Ketten ein, die allein schon ihrer Grösse wegen zu den Hauptverursachern von Müll, sozialem Elend, Ressourcenverschleiss und Ausbeutung gehören. Zwar gibt es keine Garantie dafür, bei „besseren“ Labels und lokalen Herstellern nicht auch Ware zu kaufen, die schmutzig ist. Aber mir scheint, dass schon viel getan ist, wenn man auf lokale (also: europäische) Produktion, gutes Material und kurze Wege achtet. Da ich zudem zu vielen Lieferanten, mit denen wir bei AP&CO zusammenarbeiten, persönliche Kontakte habe, weiss ich etwa, was ich trage. Es ist nicht das Gewand eines Büssers und Heilands, aber bestimmt auch nicht das des Teufels. Ein gutes Beispiel wären etwa die Inoue Brothers.
Um das Thema etwas besser auszuleuchten, findet am Montag, 14. Dezember 2015 um 18 Uhr abends im Zürcher Forum St. Peter eine „Lifefair“ mit Podiumsgespräch statt – der Titel lautet „Kleider machen Leute – Mode und Nachhaltigkeit: Ein Widerspruch?“. An dem Podium nehmen Persönlichkeiten wie Helmut Hälker (CEO Remei AG), Dr. Alfred J. Beerli (CEO Worfashion.com), Emanuel Büchlin (Coop, Leitung Textileinkauf) und Christa Luginbühl (Erklärung von Bern / Clean Clothes Campaign) teil. Sowie meine Wenigkeit, der einen stilistischen Blick auf ein schwieriges und weit verzweigtes Thema einbringt.
Es geht etwa darum, wie das dem Textil zu Grunde liegende Rohmaterial über verschiedene Verarbeitungsstufen und Produktionsländer herumgereicht wird, bis eigentlich niemand mehr mit vernünftigem Aufwand erkennen kann, was er tatsächlich trägt. Die Wege eines Kleidungsstücks führen um den ganzen Globus – von der Ernte der Baumwolle in Indien über das Verspinnen in Italien oder der Türkei, das Zwirnen und Stricken in China, das Drucken in Italien oder in der Schweiz bis hin zur Konfektionierung in Rumänien, Portugal oder Nordafrika.
Schliesslich wird so ein Kleidungsstück dann eine Saison getragen und zumeist entsorgt, obwohl es technisch noch tadellos ist. Eine drastische Zahl: Der Verbrauch von Kleidung in der Schweiz hat sich in den letzten sechzig Jahren verfünffacht. Gleichzeitig ist der Wert extrem gesunken. 1950 gaben wir stolze 9.5 Prozent des Einkommens für Kleider aus und kauften dafür rund 3 Kilo Textilien pro Kopf und Jahr. 2010 waren es bereits 15 Kilo, doch diese kosten nur noch 2,7 Prozent unseres Budgets. Pervers, was das passiert ist. Und das allermeiste wird aus dem Ausland herbeigeschafft (im Wert von gut 6 Mia. Franken) – nur ein sehr kleiner Teil kommt aus heimischer Produktion.
Die Frage der „Lifefair“ vom 14. Dezember in Zürich wird sein: Wie können wir über die gesamte Wertschöpfungskette die ökologische Belastung reduzieren und faire Arbeitsbedingungen schaffen? Ein Bio-Etikett ist nur ein Bruchteil der Lösung. Es geht um den gesellschaftlichen Wert von Kleidung, um ihre Lebensdauer und die realen Kosten, die anderswo für unseren gedankenlosen Überkonsum anfallen.
Wer dabei sein will: Man kann sich anmelden unter Lifefair.ch. Im Vorprogramm zu dem Podium wird übrigens ab 16 Uhr der Film „True Cost“ gezeigt, der die Machenschaften der internationalen Mode-Ausbeuter ziemlich drastisch darstellt.
Das Titelfoto an der Spitze dieses Beitrags ist von HESSNATUR, einer Naturmode-Firma, die in diesen Fragen sehr pionierhaft unterwegs ist. Hessnatur bekennt sich zu einem neuen Umgang mit der Natur, den Menschen und den Ressourcen. Die Firma verzichtet bewusst auf den Einsatz von Giften, Schadstoffen oder bedenklichen Verfahren und achtet auch auf hohe ethische und gesellschaftliche Standards. Das Foto unter diesem Beitrag ist von der spanischen Marke EcoAlf, die Kleidung aus Stoffen produziert, die aus alten PET-Flaschen gewonnen wurden.