We gaze at all the lovely people

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Gesternabend (Donnerstag) an den Zürich Fashion Days gewesen, wo der 11. „Annabelle Award“ vergeben wurde. Der Preis geht an junge Design-StudentInnen, die damit ein Praktikum bei einem relevanten Modelabel im Ausland gewinnen können. Dass diese Art der Nachwuchsförderung funktioniert, zeigte Julia Winkler, die vor zwei Jahren diesen Preis bekam und nun in Berlin ihr „Studio Winkler“ betreibt. Ihre Schau war rund und stimmig.

Dieses Mal gewann die junge Baselbieterin Elisa Kaufmann, welche in Basel Mode studiert hat und für ihr Alter und Niveau an Erfahrung eine wirklich reife Leistung auf die Bühne brachte. Sie stach vier Mitbewerberinnen aus, die alle auch ihre Qualitäten hatten, aber eben: Es kann nur eine gewinnen. Mentor und Preisgeber Jean-Charles de Castelbajac, aus Paris angereist (mit allem Charme im Gepäck!) entschied sich für Elisa Kaufmann, und wir konnten seine Entscheidung nachvollziehen!

Dann der Kontext. Viele liebenswerte Leute getroffen! Siehe Bildergalerie. Und in den Gängen und beim Smalltalken im VIP-Zelt immer die gleiche Frage: Wie findet Ihr die Mercedes-Benz Fashion Days Zürich? Braucht die Stadt das? Hat es Niveau? Wird es diesen Event in einem Jahr noch geben? (Scroll down …)

Also, wir meinen folgendes, einfach so aus dem Bauch heraus:

– Die Fashion Days sind das, was sie sind: Ein Zürcher Publikums- und Kundenevent, bei dem auch mal „ganz normale“ Leute ein bisschen Modenschau-Luft schnuppern können. Klar müssen die Habitués, die sonst in Mailand und in Paris (in der fünften Reihe) dabei sind und in Zürich ganz vorne sitzen, dann ein bisschen stänkern und maulen, weil der Pöbel dabei ist, man will sich ja abgrenzen. Aber ganz ehrlich: Solches Verhalten ist doof, dünkelhaft und altbacken. Dann geht man besser nicht hin, wenn einem nicht klar ist, dass es hier um Entertainment geht.

– Ob die Stadt Zürich eine Modewoche braucht, ist ein bisschen dieselbe Frage: Aus professioneller Sicht, also mit Blick auf das internationale Modegefüge, braucht es diese Übung nicht, nein. Es gibt ja schon zig Messen und Modewochen weltweit, ausserdem ist Mitte November die Saison gelaufen, der Frühling ist dann schon lange verkauft, für die Marken bringt das also nichts. Wer dort seine Schau zeigt, tut dies aus dem Marketingbudget heraus, um seine Marke bekannter zu machen. Verkaufen kann man an den Zürich Fashion Days nichts. Aus Sicht des Publikums hat dieser Event aber durchaus seinen Reiz und seine Richtigkeit. Wenngleich die verlangten Preise pro Ticket (75 bis 115 Franken) absolut lächerlich, ja unverschämt sind, angesichts des Vollkommerzes, der einem dann vor Ort geboten wird.

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Ja, es gibt auch peinliche Momente …

– Hat es Niveau? Der erste Abend, die „Opening Night“, so hört man allenthalben, hatte zu wenig. Wir waren nicht dabei und können diesen Tenor somit nicht bestätigen. Die Bilder deuten aber in diese Richtung. Der zweite Abend, der „Annabelle Award“, hat sehr wohl seine Qualitäten! Siehe auch den Bericht dazu auf NZZ.ch. Vielleicht ist dieser Abend sogar der wichtigste und richtigste der ganzen Sause, weil hier Newcomern eine Bühne geboten wird, die sich ein solches Podium sonst fast nie leisten könnten. Weil hier noch junge, unverbrauchte Kreativität und Wagnis zu sehen ist. Was die beiden nachfolgenden Tage betrifft, wagen wir die Prognose: Besser als der Donnerstag wird das nicht.

– Wird es diesen Event in einem Jahr noch geben? Ach, warum denn nicht! Wenn die Sponsoren weiterhin den Nerv dafür haben, sollen sie ihre Budgets doch dort verpulvern? Man muss ja vor Weihnachten seinen Kunden irgendetwas bieten!? Mercedes-Benz besetzt das Thema Mode weltweit, und dann gehört Zürich einfach dazu. Man hört aber von vielen Insidern, dass die Zürcher Übung nicht profitabel sei. Dass es einfach nicht gelinge, sie auf ein stabiles Niveau zu heben. Wenn das Ganze jetzt also in Zukunft noch von Berlin aus gesteuert wird, weil IMG Schweiz aufgelöst wird, dann sehen wir ein bisschen dunkelschwarz für die MBFDZ’s. Denn Mode braucht lokalen Bezug und Verankerung. Die „Mode Suisse“ hat diese – plus den Rückhalt bei den Designern.

Unsere Prognose ist also diese: Die Fashion Days Zürich wird es 2015 in der bisherigen Form nicht mehr geben. Weil die Chose eine Nummer zu gross gedacht ist für die kleine Limmatstadt. Aber Mercedes-Benz wird sich rechtzeitig mit der wesentlich glaubwürdigeren „Mode Suisse“ verbunden haben, diese Plattform zusammen mit den Initianten weiter entwickeln und dort auch den wirklich wichtigen Annabelle Award integrieren. Das Ganze könnte zwei statt fünf Tage dauern, es würde auch reichen. Und dann müsste man ganz dringend weniger, dafür bessere und subtilere Sponsoren finden. Fleurop flöge etwa raus. Das köstliche Hyatt-Dinner aber dürfte bleiben. Es wäre auch halb so gross noch eine AAA-Sache.

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Auch das ist Zürich: Eine Zuschauerin fasst den Rock des Models während der Modenschau ungeniert an.

3 Comments

  • Antworten November 15, 2014

    thingsiwoulddiefor

    Toller Beitrag! :-)

    Ich habe von vielen Bloggerinnen gehört, es sei etwas langweilig und oberflächlich gewesen. Viele Leute hätten sich hinter Kostümen und extra Schminke versteckt. Alles in allem also etwas herzlos… mal schauen, wie es heute Abend wird.

    Auf den Bildern kann man aber sehen, dass viele Designer sehr tolle Kreationen geliefert haben. :-) Vielleicht lohnt es sich ja doch, nur schon für die Kleider, an die MBFD zu gehen.

  • […] das überlasse ich gerne den Kennern der Szene. Auf alle Fälle teile ich in vieler Hinsicht die Meinung von Stil-Experte Jareon van Rooijen, dass die Mercedes-Benz Fashion Days sich nicht nachhaltig in Zürich entwicklen und auf diese […]

  • Antworten November 16, 2014

    B.Z.

    Meine Rede!
    Wenigstens sind es nicht mehr die Vögele Fashion Days haha

    Ich vermiss sehr den Swiss Textiles Award.

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