We think about glasses

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Am Wochenende einen interessanten Nachmittag bei Optik Dudli in Wil SG verbracht – der Optiker feierte seinen 20. Geburtstag als selbständiger Unternehmer mit eigenem Geschäft und lud Freunde, Kunden und Bekannte dazu ein, dieses Ereignis zu begiessen. Es kamen weit über 200 Menschen, um dem innovativen Ostschweizer zu gratulieren und sein Festprogramm zu erleben. Dazu gehörte ein zweiteiliges Live-Acoustic-Konzert den hinreissenden Schweizer Chansonnière Lea Lu (Gitarrenfarbe auf Lippenstift abgestimmt!) sowie ein Zeitgeist- und Trendvortrag von meiner Wenigkeit.

Das Anfangsbild, welches ich für Markus Dudli skizzierte: Sein Unternehmen ist 20 geworden, der Teenager ist nun also keiner mehr – und wenn man erwachsen wird, stellen sich auch plötzlich Fragen nach Stil, die man früher irrelevant fand. Doch anders als früher, als es gesellschaftlich noch unabdingbar war, „mit der Mode zu gehen“, um nicht als Aussenseiter durchzufallen, ist es heute oft genau umgekehrt: Man setzt erst Trends, wenn man sich ausserhalb des Spektrum dessen bewegt, was als „normal“ gilt. Man kann einem von der Mode vorgeschlagenen Trend folgen, aber es gibt auch immer noch ein Dutzend anderer Optionen. Wichtig ist allerdings, dass man Bescheid weiss.

Darum hatte ich auf zehn grossen Kartons eine Art „Schlüsselthemen“ zur Mode mitgebracht – diese Art der „analogen“ Präsentation von Bildern gefällt mir in jüngster zeit wieder gut und sorgt oft für eine entspanntere Atmosphäre, als wenn man einen Beamer aufstellt und eine Präsentation projiziert. Die zwölf Schlüsselthemen sollten eine Art grösserer Bogen zur Mode sein, losgelöst von der unmittelbaren Saison. Es ging um Themen, die vielleicht auch in einem Jahr noch gültig sind, also eher „Meta-„ als „Mode-Trends“.

Die Frage war auch: Was bedeutet dieser Wandel in Sachen Trends alles für die Brillenmode?

Meine Meinung ist diese: Für Optiker ist die aktuelle Mode ein Geschenk vom Himmel. Es geht um Individualität, um das Finden des eigenen Stils, um den Ausdruck von eigener Überzeugung. Die Mode nähert sich damit der Brille an. Sie übernimmt Wesenszüge, welche die Optiker schon immer proklamiert haben. Logisch also, dass Brillen darum auch auf dem Laufsteg zum wichtigen Accessoire geworden sind …

Aktuellstes Beispiel aus Mailand ist Gucci, wo fast jedes Model eine Brille trug, die breiter war als das Gesicht des Mädchens. Ein Exzess? Oder das nächste grosse Ding? Man weiss es nicht. Auch die „Zeit“ fragte in ihrer vorletzten Ausgabe, mit Bezug auf den Teenie-Film „Fack Ju Göhte 2“: „Wie ist das nun mit dieser Brille, dieser immer ungestalten, unvorteilhaft über das Gesicht hinausragenden Brille der sogenannten Hipster? Wo kommt sie her, wo geht sie hin, wann kommt sie wieder?“ Die „Zeit“ schloss ihre Polemik mit dem Satz: „Liebe Hipster: Die Brille muss weg, sie muss ersetzt werden.“ – Man höre: Sie muss ersetzt werden. Nicht verschwinden. Das verspricht weiterhin sehr gute Geschäfte für die Optiker. Eine gute Basis für die kommenden zwanzig Jahre!

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