Seit Ende 2020 schreibe ich in etwa monatlichem Rhythmus für die deutsche Branchen-Plattform „Profashionals“ von Jürgen Müller und Sabine Spieler in München. Die beiden sind ein extrem gut vernetztes und erfahrenes Fashion-Power-Couple und betreiben eine Plattform, die nicht nur eine kompetente Info-Drehscheibe, sondern neuerdings auch eine Job-Plattform für die Modebranche in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist.
Meine Rubrik heisst „Drucksachen“ und widmet sich der Schnittmenge von Mode und Medien – also dem, das mein berufliches Leben während der letzten 25 Jahre geprägt hat. Es kann um Zeitschriften gehen, aber auch um digitale Formate, die quasi die moderne Version der alten „Drucksache“ sind.
HIER geht es zu Profashionals … und nachfolgend direkt zu den bisher erschienenen vier Folgen der Rubrik „Drucksachen“.
«ES IST VORBEI, DIE MODE IST TOT»
Bloggen ist offenbar schon wieder aus der Mode. Das liegt an verschiedenen Faktoren – die Corona-Pandemie und die dadurch härter gewordene Erwerbs-Realität ist nur eine davon, wenngleich wohl die wichtigste. Es gibt seit einem Jahr keine Bühnen mehr, auf denen sich Blogger produzieren können. Dazu kommt: Bloggen lohnt sich kaum noch. Man bekommt dafür nichts mehr. Nicht einmal das, was früher noch für mangelnde Entgelte entschädigte, ist heute noch erhältlich: öffentliche Anerkennung in der Szene, ein gutes Seating an Modenschauen und ab und zu ein Handtäschchen umsonst.
«ENTSÄTTIGTER DOPPELFEHLER DER VOGUE»
Anna Wintour mag im Laufe ihrer Karriere nicht die progressivste Verfechterin von kultureller und ethnischer Diversität gewesen sein – aber dass sie mit der Verwendung des «falschen» Cover-Fotos von Kamala Harris heimlich einen Ball ins Trump-Lager gespielt habe, ist doch arg an den Haaren herbeigezogen. Sie hat einfach einen schlechten Entscheid gefällt, als sie in der Redaktion vor der Pinwand mit den beiden Cover-Varianten stand – that’s it. Und sie hat diese Entscheidung, wie sie es gewohnt ist, ohne Rücksicht auf die Betroffenen gefällt. Dumm gelaufen –hinterher weiß man es besser.
Der Start von Tyler Brûlés neuem Magazin «Konfekt» ist geglückt. Der Ton stimmt, die Optik ist elegant, auch wenn ein bisschen wohldosierte Subversivität und eine echte Überraschung fehlen. Die Typografie und Gestaltung nimmt sich diskret zurück und überlässt grosszügig den Inhalten die Bühne. Der Mix aus Kurzfutter und längeren Artikel sorgt für eine angenehme Dramaturgie. Mit 32 Anzeigenseiten (davon sechs als Advertorial) dürfte das Magazin zwar noch ein ganzes Stück von der Profitabilität entfernt sein, doch hat die Redaktion nun eine attraktive Visitenkarte in der Hand, um den derzeit furztrockenen Print-Anzeigenmarkt zu beackern.
«GIBT ES NUR NOCH STYLISTEN-PORNOS?»
Was ich anfasse, sind fast alles Magazine von Modemenschen für ebensolche. Stylisten-Pornos, fürs Portfolio fotografiert. Weiterführende Interessen als Klamotten scheinen die Männer, die diese Hefte machen, nicht zu haben. Und vieles davon wirkt sehr speziell subkulturell. Der früher arg normative Fächer der Geschlechter wurde in den vergangenen Jahren großzügig erweitert – gay, trans, bi, inbetween, whatever … gut so! Doch für mich, den gewöhnlichen Hetero-Mann mittleren Alters, gibt es fast nix mehr. Mein Lebensmodell scheint aus der Mode gekommen.