Ich wünsch‘ mir weitere Hosen!

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Um es mal ganz unverblümt und mit den Worten Helge Schneiders zu sagen: Ich bin leider etwas dicker geworden (aus: „Es gibt Reis, Baby“). Zwar hängt der Bauch noch nicht wie eine Schürze (bei Helge tut er das, in dem Lied), aber das viele Sitzen am Computer macht sich leider doch bemerkbar. Ich habe etwa eine halbe bis ganze Kleidergrösse mehr auf den Rippen und Hüften. Früher hätte man das mit diskret mit dem Verstellen des Gürtels wegtricksen können, doch ist die heute üblichen Herrenkleidung so eng geschnitten, dass solche Gewichtsschwankungen nicht mehr kaschierbar sind.

Die Hosen, die ich im Schrank habe, sind fast alle zu eng. Ich leide schon beim Anziehen, und dieses Gefühl der Ungemach begleitet mich dann den ganzen Tag. Gestern erwischte es mich besonders hart. Eine der schönen Incotex-Hosen, die schon immer etwas knapp war, macht meine veränderten Körperdimensionen besonders schonungslos spürbar. Ich komme in das enge Beinkleid morgens kaum noch rein und muss ziemlich ziehen, um den Bund schliessen zu können. Habe ich sie schliesslich mal an (im Stehen), geht es zwar – aber oh weh, kaum setze ich mich, fühlt es sich, als sei ich in einem Schraubstock eingespannt. Ich fürchte, dass die Schrittnaht reisst, wenn ich mich bücke. Velofahren ist auch eine Qual, denn dann spannt die Hose an Oberschenkeln und Knien, dass man sich kaum auf den Weg konzentrieren kann.

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Ich bewundere die Damenwelt, die nun doch schon seit Jahrzehnten bevorzugt in knallengen Hosen herumläuft. Ein hoher Tribut, den die Ästhetik von der Lebensqualität fordert. Vielleicht ist es mit Stretch-Anteil ein wenig erträglicher – doch das Gefühl, eine wandelnde Wurst zu sein, bleibt doch?

Ich fühle mich in solch engen Hosen nicht nur unwohl, sondern habe zunehmend auch das Gefühl, einer lächerlichen Entwicklung gefolgt zu sein. Diese knallenge Kleidung, die uns die Mode seit einiger Zeit auch für Männer vorschlägt, entspricht doch gar nicht dem modernen Lebensgefühl von Freiheit, Leichtigkeit und Entspannung? Solche Klamotten produzieren Stress – und davon haben wir doch alle schon genug?

Ich wünsche mir also für die kommenden Jahre wieder mehr Weite. Eine Bundfalte, vielleicht sogar zwei. Sodass man auch wieder etwas in die Hosentaschen stecken kann, ohne dass es sich sogleich wie eine Beule abzeichnet. Ich wünsche mir Beinweiten, die meine Bewegungen nicht einschränken. Vermutlich muss ich diese Hosen auf Mass machen lassen, denn im Handel ist „slim fit“ das grosse Stil-Dogma. Ich bin selbst mit meinen Texten und Predigten nicht unschuldig daran, dass dies so ist. Aber nun möchte ich, dass wir uns auf die Realitäten besinnen. In der Zwischenzeit gehe ich eine Runde joggen. In schön weiten Jogginghosen.

 

 

 

 

 

1 Comment

  • Antworten September 18, 2016

    Tino

    Danke für diesen Beitrag. Er bringt es auf den Punkt. Um gut auszusehen in seinen Gewändern braucht man sich nicht zwangsläufig dem Diktat einiger durchgeknallter Modeschöpfern unterzuordnen. Ein Blick in die klassische Herrenmode – auf Mass oder nicht – aus England oder Italien hilft da ungemein weiter.

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