Kann man klassische Schuhe ohne Schnürsenkel tragen?

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Anfang Februar publizierte ich auf Facebook einen Schnappschuss, den ich im Showroom der englischen Schuhmarke Church’s in Mailand unter dem Tisch gemacht hatte. Das Bild zeigte die Füsse eines Verkaufsmitarbeiters, der seine klassischen Schnürschuhe (natürlich von Church’s) ohne Schnürsenkel trug. Er kombinierte sie mit einer grauen Flanellhose (modisch hochgerollt), einem weissen Hemd mit Club-Krawatte und einem navyblauen Blazer. Ich veröffentlichte das Bild (mit seinem Einverständnis), verbunden mit der Frage:

Kann man klassische Schuhe ohne Schnürsenkel tragen?

Die Diskussion, die sich darauf entspann, war lange und kontrovers – offenbar schien vielen Facebook-Freunden diese kleine stilistische Frechheit, welche ich fotografiert hatte, wesentlich skandalöser, als ich gedacht hatte. Sie hinterliessen fast fünfzig teils hitzige Kommentare. Mir schien es natürlich eigenartig und frech, vielleicht auch ein bisschen schräg, aber nicht provokativ. Schliesslich hat Martin Margiela solche Schuhe schon vor Jahren vorgeschlagen. Aber dass man sich derart daran reiben könnte, wie die nachfolgenden Kommentare zeigen, hätte ich nicht vermutet.

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PRO: „Eine Option!“, schrieb Léa enthusiastisch, outete sich damit als Freigeist und eröffnete die Diskussion. „Wenn das die Jugendlichen mit ihren Turnschuhen dürfen – warum auch nicht?“, doppelte Patrick nach. „Zu einem sauteuren Massanzug aus wicher Wolle geht es“, meinte Hans-Georg. Daniela fand es „sehr cool“, auch Sylwina, Gegè, Tatjana und Sonja schrieben „I like“, und Rachel verstand: „Stilregeln sind ja auch zum Brechen da.“

CONTRA: Traditionalisten mochten die Idee des schnürsenkellosen Schuhs weniger. „Dada“, meinte Ben, „Yuk“ kam von Marius, „himmeltraurig“ fand es Donatus, „Gaga“ sagten Reinhold, David und Peter, „No Go“ hakte Johann Philip sogleich ein und Midi fand es „schwierig, sehr schwierig“. Raphael fand, dass es „angestrengt wirkt und keine Klasse hat.“ Auch weibliche Gegnerinnen meldeten sich: „Oben ohne ist auch hier keine gute Idee“, kommentierte Martina, und Yve meinte: „Nope, definitely not“.

MAYBE: Ruzbeh versuchte immerhin, eine subversive Absicht zu erkennen: „Nicht so funky … es sei denn, man mõchte seine pedantische Person gegenüber in den Wahnsinn treiben“, schrieb er. Und Andrea versuchte, einen grösseren Kontext zu finden, um ein Urteil zu fällen: „Ich müsste ein Foto haben der ganzen Person um es  zu beurteilen. Man schaut ja nicht nur auf die Schuhe, wenn man einem Menschen begegnet.“ Vermittelnde Worte suchte auch Michel: „Unbedingt machen, sofern die Schuhe gut sitzen.“ Und Luca erkannte den praktischen Vorteil: „Für den Mann, der das schnelle Abenteuer liebt. Schnell rein, schnell raus? Praktisch.“

Am besten fand ich am Ende aber folgende Kommentare: „Nicht fragen, einfach machen“, schrieb Felix. Timm hatte eine brillante Idee: „In die vakanten Löcher könnte man so farbige Pins stecken, wie es sie auch für Crocs gibt.“ Und schliesslich schoss Jürg den Vogel ab: „Geht in Kombination zu einem offenen Hosenstall, aber die Boxershorts sollten sich farblich nicht mit dem Schuhleder beissen.“

1 Comment

  • Antworten Februar 13, 2016

    Marc Schmid

    Ich merke gerade, dass ich auch zu den Puristen gehöre, denn mir gefällt der Oxford ohne Schnürsenkel auch nicht. Allerdings scheint mir der praktische Aspekt wichtiger als der ästhetische – hält der Schuh so überhaupt an den Füssen? Ich habe bei Double Monks einmal probiert, die obere Schnalle offen zu lassen, aber das hat (bei meinen sehr gut sitzenden Exemplaren) überhaupt nicht funktioniert, war richtig unangenehm beim Gehen.

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