Heute Sonntag, den 6. September 2015 erscheint erstmals die neue Seite „Sonntagsoutfit“ in der NZZ am Sonntag – künftig wird es diese Seite jede Woche als Auftakt des Stil-Magazins geben. Wir rücken seit Mitte August jeden Sonntag für diese Seite aus, um spannende Menschen zu finden, die unser auf Mode geeichtes Auge erfreuen und neue Erkenntnisse über Menschen und ihre Kleidung ermöglichen. Die Fotos, die publiziert werden, entstehen grundsätzlich und immer an einem Sonntag. Der siebte Tag der Woche ist für uns also keiner mehr zum rumlungern und relaxen, sondern einer, an dem wir die Kamera schultern und losziehen. Und das macht Spass.
Die erste Folge dieser Fotosafari führte uns auf den Zürichberg, wo wir relativ zufällig, wenn auch nicht ohne Leidenschaft auf die Dolder-Classics stiessen. Die Dolder-Classics auf der Eisbahn Dolder sind ein undogmatischer Treff für Freunde von alten Autos und immer wieder eine Überraschung. Allerdings nicht so sehr wegen der Menschen, die kaum zu eigener Eleganz fähig sind, sondern wegen der Autos, die toll zu schauen sind. Doch wer gut hinschaut, findet zwischen all den uninspirierten Poloshirt- und Chino-Menschen, die ihre Lebensmitte schon überschritten haben, auch wirklich spannende Individuen, denen nicht nur das alte Blech, sondern auch der eigene Eindruck etwas wert sind.
Die erste Folge des „Sonntagsoutfits“ nimmt das Kleid und Styling von Roswitha Ott unter die Lupe. Eine wunderbare, erfrischende junge Frau, die wirklich deutlich aus der Masse der Vintage-Car-Freunde herausstach. Sie war nicht genau definierbar – nicht retro, weil zu modern; nicht Vintage, weil zu frisch; nicht rockabilly, weil zu feminin und fein. Irgendwie nicht leicht kategorisierter, und das war es, das uns anzieht, heute mehr denn je: das Einzigartige, Unerwartete und Unbeschreibliche. Dies soll Kern der neuen Seite werden: Das, was irritiert, inspiriert und einen zum Nachdenken anregt. Es geht um Individualität und das Setzen von eigenen Standards. Nicht die Norm und das brave Befolgen von Konventionen. Diese Themen haben wir vor einiger Zeit schon abgelegt, und wir wünschen sie uns nicht wieder.
Hier also zuerst einmal die neue Seite aus der „NZZ am Sonntag“ mit Roswitha Ott …
Und dann die Details dazu ….
Und schliesslich, als Bonustrack zu dem allem, einige weiter besonders sympathische und schöne Oldtimer-Enthusiasten, die wir an den Dolder Classics Mitte August trafen. Ja, das ist nun schon eine Weile her, mag man monieren. Aber: Papier braucht Zeit. Auch heute noch.
Die nachfolgenden Damen und Herren haben uns an der gleichen Veranstaltung – den Dolder Classics vom 16.8. – auch noch gut gefallen. Sie wären auch alle eine Option gewesen. Aber es hat auf der Seite leider nur einer Platz.
Martin Hauser, Gockhausen
„Dieses Auto – ein klassischer Jeep von 1979 – ist für mich der Inbegriff der Einfachheit und Robustheit“, sagt Martin Hauser, der sich als Interior Designer auch beruflich mit Design und Ästhetik befasst. „Der Jeep ist ein Fahrzeug, auf das man sich verlassen kann: spartanisch, einfach und leicht zu unterhalten. Ausserdem macht es viel Spass.“ An Oldtimer-Treffen hält sich Hauser aber lieber abseits und parkt sein Fahrzeug nicht auf, sondern neben der Manege. Und das mit gutem Grund: „Ich bin ein Einzelgänger und gar kein Klubmensch, wenngleich ich mir das alte Blech auf dem Platz natürlich sehr gerne anschaue.“ An den Dolder Classics trug Martin Hauser eine hauchdünne Baumwoll-Hose mit Zugbund von Lanvin, ein Langarm- Pikee-T-Shirt ist aus feiner ägyptischer Baumwolle von VMC in Zürich und 15 Jahre alte Retro-Fussballschuhe von Adidas. „Kleidung muss für mich vor allem bequem sein“, ist Hausers Credo, „Aber natürlich ziehe ich mich gerne gut an.“ Besonders stolz ist er auf seine Brille: sie ist aus den achtziger Jahren von Giorgio Armani, lag jahrelang im Etui, und „nun habe ich sie wiederentdeckt und mir blaue Sonnengläser reinmachen lassen.“
Olga Imhof-Izotova, Derendingen
Olga Imhof-Izotova hatte ihr figurbetontes Kleid aus blauem Jacquard-Stretch perfekt auf das dunkle Blau des Porsche 911er aus 1965 abgestimmt. „Ich trage das Kleid zum ersten Mal, es ist erst vor zwei Wochen fertig geworden“, strahlt die gebürtige St.Petersburgerin, die heute eine eigene Haute-Couture-Linie entwirft. „Es sind alles handgemachte Unikate, jeder Stich ist von Hand genäht“, so die blonde Russin. Sie sei nicht Schneiderin und nicht Modedesignerin, denn das, was sie mache, sei eine Form von Kunst: „Ich drücke mich mit Form und Farbe aus, mein Körper ist meine Leinwand.“ Entsprechend kleidet sich Olga Imhof-Izotova nicht nur am Sonntag gerne besonders, sondern auch unter der Woche. „Ich gehe auch in solchen Outfits in der Migros einkaufen. Vielleicht finden die einen das schockierend, aber für mich ist Mode mehr als nur Kleidung.“
Regula Häusler, Benau
„Wir sind aktiv in einer Szene, die sich mit den vierziger und fünfziger Jahren beschäftigt“, erklärt Regula Häusler in ihrem gelb geblümten, knielangen Kleid, zu dem sie einen schwarzen Strohhut und eine Original-Strohtasche von einst trägt. Seit sie 18 Jahre alt ist, sammelt sie alte Kleidung, „es hat sich inzwischen also ziemlich etwas angehäuft“, lacht die aparte Mittfünfzigerin, die den himmelblauen Chevrolet Impala von 1961 selber lenkt. Sie findet ihre Outfits meistens auf Flohmärkten und in Brockenhäusern. Dabei ist ihr wichtig, dass es Originale sind. Und sie trägt diese nicht nur am Sonntag: „Ich spaziere nicht nur heute so herum, sondern kleide mich meistens so.“ Vintage sei für sie ein „Lebensgefühl“, so Regula Häusler. Mit einem Kleid bringe sie ihre jeweilige Laune zum Ausdruck – in diesem Fall also blumig, ohne zu viele Worte zu bemühen.
Ruedi Fiedler, Adliswil
„Der Oldsmobile Super 88 Convertible hat denselben Jahrgang wie ich: 1956“, erzählt der schlanke Oldtimer-Fan stolz. Er hat das Auto 1980 gekauft, als er sich nach dem Wert seines Opel Manta erkundigen wollte. Danach wurde der Wagen zwei Jahre selbst restauriert, wobei Ruedi Fiedler vieles selber machte. „Ausser dem Tonband ist alles original“, so Fiedler. Früher hätten er und seine Partnerin Rock’n Roll getanzt, später Balboa-Swing, „und so bin ich zu dem Auto und auch zu diesem Kleidungsstil der 50er gekommen.“ Zu den Dolder Classics trug der gelernte Kürschner mit eigenem Atelier ein Vintage-Hawaii-Hemd (Alter unbekannt) aus Viskose, auf dem eine Boeing 314 zu sehen ist. Die weisse Hose mit hohem Bund hat er nach eigenem Schnittmuster nähen lassen. Dazu kombinierte er einen Panamahut von Oberwalder & Co. aus Wien und braune Boat Shoes von Sebago. „Ich kleide mich vor allem so, wenn ich mit Freunden verabredet bin oder ausgehe, aber trage solche Hemden auch mal zur Arbeit“, sagt Ruedi Fiedler. Der Sonntag sei für ihn „schon etwas besonderes“ und er versuche, ihn im Stil von früher zu zelebrieren: „In den 50’s hatten die Leute noch mehr Stil, trugen Krawatte und Hut und hatten auch entsprechende Manieren.“
Und schliesslich noch ein Bild der wunderbarsten Fashion-Reportage-Begleiterin, die man sich denken kann … vor ihrem persönlichen Lieblingsauto. Passt farblich bestens. Ist aber leider nicht unseres!