Vor einer knappen Woche hatten wir die alljährlich wiederkehrende Aufgabe, die Schweizer Musik- und Showprominenz anlässlich des ‚Swiss Music Awards‚ unter die Lupe zu nehmen. Die Sendung wurde live auf Radio SRF 3 übertragen und bestand aus einem zweistündigen Stil-Check der eintreffenden Gäste auf dem roten Teppich. Das tun wir seit einiger Zeit im ‚Duett‘ mit der charmanten SRF-3-Moderatorin Judith Wernli, die sich bestens inder Schweizer Musikwelt auskennt und auch Gesichter identifizieren kann, die wir noch nie – weder im echten Leben noch im TV – gesehen haben.
Die Aufgabe besteht darin, die VIPs, die über den roten Teppich den Ort des Geschehens betreten – dieses Jahr erstmals das Zürcher Hallenstadion –, vors Mikrofon zu holen und sie zu ihrem Outfit zu befragen bzw.ihre Kleidung zu beurteilen. Damit will die Radioredaktion natürlich, dass man mit den Stars möglichst hart ins Gericht geht, denn Randale bedeutet bei Massenmedien immer auch Einschaltquote. Die Suche nach der richtigen Balance zwischen Komplimenten und Kritik ist denn auch das schwierigste an dem Job. Einerseits lechzt die Hörerschaft nach Frechheiten, doch der vor Ort Dienst tuende Stilpolizist will ja irgendwie auch lebend wieder aus der Sache raus kommen.
Scheinbar ist es 2014 wieder einigermassen gelungen, diese Balance zu finden. «Kompliment für die witzigen Kommentare anlässlich der Verleihung des ‚Goldenen Kleiderbügels‘ an den Swiss Music Awards. Da waren ein paar ganz träfe Aussagen darunter», schreibt mir eine Hörerin aus St. Gallen diesen Morgen. Dankeschön. «Toller Einsatz gestern», kommentierte ein Hörer aus Bern via Facebook. Für den besten Auftritt auf dem roten Teppich gibt es jedes Jahr von mir den ‚Goldenen Kleiderbügel‘, der eigentlich ‚Swiss Style Award‘ heisst und die letzten Jahre an Lea Lu, Bligg und Müslüm ging. Dieses Jahr wurde der ‚Goldene Kleiderbügel‘ wieder einem Herrn im bunten Anzug zugesprochen: Aktueller Preisträger des ‚Swiss Style Awards‘ ist der ‚Schweizer Justin Bieber‘ Luca Hänni, bekannt aus der TV-Casting-Show ‚Deutschland sucht den Superstar‘.
Darf ich an dieser Stelle aber scheu anmerken, dass dies NICHT MEINE ALLEINIGE ENSCHEIDUNG war?
Ich will mich nicht distanzieren, aber: Ich hätte doch gerne anders entschieden. Doch dieses Jahr durfte erstmals das Radiopublikum aus fünf Nominierten auswählen, und es hat sich für den Jungspund im blauen Anzug entschieden. Es waren deutlich besser angezogene Leute an dem Event zugegen, einige davon hatten wir auch nominiert, andere nicht, weil sie keine Musiker oder Prominente waren. Aber so läuft das halt im Zeitalter von Klicks & Einschaltquoten: Nominiert werden nur Gesichter, die man eh schon kennt, und dann gewinnt am Ende der, der die grösste Digital-Community mobilisieren kann. Hätten wir vielleicht ein paar Sekunden länger nachgedacht. Nichts gegen diesen Luca Hänni, er ist ein freundlicher Typ, der von jungen Mädchen permanent umschwärmt wird. Wir gönnen ihm seinen Erfolg. Aber er ist kein Stilvorbild, da hätte ich mich schon eher für die elegante Lea Lu (zum zweiten Mal) oder für die quirlige Steff La Cheffe entschieden. Oder sogar für den stets etwas over-the-top gekleideten, aber herzenslustigen DJ Antoine.
Wir lernen: Wenn das Volk wählt, wählt es nicht immer so, wie es einem passt. Und das heisst für die Zukunft: Wenn wir künftig Menschen für den Style Award nominieren, müssen wir diese Person auch wirklich aufrichtig und ohne Einschränkung als würdig erachten, den ‚Swiss Style Award‘ nach Hause zu nehmen.