Am Sonntag, 14. Februar in der „NZZ am Sonntag“ erschienen: Die wunderbar-exzentrisch-erfrischende Vero Kern. Wir kennen uns schon eine ganze Weile, weil sich Vero auch in diesem überschaubaren Kreativ- und Modezirkel bewegt, in dem wir üblicherweise verkehren … und ich bewundere sie sehr für ihre Wachheit, ihre umfassende Informiertheit und natürlich ihre sprudelnde Kreativität. Ausserdem ist es immer eine Freude, ihren liebenswerten vierbeinigen Begleiter Isidor zu treffen, der anfangs, vor einigen Jahren, noch sehr scheu war, inzwischen aber an Veros Seite zu einem munteren und selbstbewussten Kerlchen geworden ist … ein passender Begleiter für die energische Mrs. Kern!
Ich fotografierte Vero und Isidor an einem frühen Sonntagmittag Anfang Januar im Zürcher Hauptbahnhof … Vero hatte sich diesen Ort gewünscht, als ich sie fragte, ob ich sie für diese Reihe von „Sonntagsoutfits“ fotografieren dürfe. Wir probierten verschiedene Ecken am Bahnhof aus, das beste Bild war am Ende aber eines, das völlig spontan und ganz am Anfang entstand, als ich abdrückte, obwohl Vero noch nicht ganz „ready“ war. Sie war entsprechend überrrascht, doch ist ihr Gesichtsausdruck einfach „100 % Vero“.
Hier kommt der Text aus dem „Stil“-Magazin.
Alter schützt vor Mode nicht – davon ist die Zürcher Parfumeurin Vero Kern, 76, überzeugt und kleidet sich mit Lust anders als ihre Altersgenossen.
Nicht jeder, den man am Sonntag am Zürcher Hauptbahnhof trifft, ist auf Durchreise. Manche kommen einfach, um die besondere Atmosphäre des grössten Schweizer Bahnhofs zu geniessen. Die 76-jährige Vero Kern etwa ist am Sonntag oft im ehemaligen Wartesaal 1. Klasse anzutreffen, der heute Atrio heisst. „Der Bahnhof ist ein Ort, an dem die Leute kommen und gehen, das inspiriert mich“, sagt die blonde 76-jährige, „Ich beobachte gerne Menschen und lese derweil meine „NZZ am Sonntag“.“ Begleitet wird sie von ihrem achtjährigen Griffon „Isidor“.
Vero Kern ist Parfumeurin und lebt in Zürich. Ursprünglich hat sie Pharmaassistentin gelernt, „denn meine Eltern wollten nicht, dass ich auf die Kunstgewerbeschule gehe“, erinnert sie sich. Später arbeitete sie lange bei der Swissair am Flughafen, bis sie sich 1994 selbständig machte. „In Istanbul kam ich während einer Masssage mit ätherischen Ölen auf die Düfte“, erinnert sie sich. Sie lernte massieren und betrieb einen Mini-Hammam im Untergeschoss eines Blumenladens in der Nähe der Kalkbreite. Später machte Vero Kern eine Ausbildung zur Parfumeurin in Paris und gründete 2007 ihre eigene Marke, „Vero Profumo“.
„Ich versuche, das klassische Handwerk französischer Schule mit einer modernen Note zu erneuern“, erklärt Vero Kern ihre Duftwelt. „Mir gefallen die alten Parfums von Guerlain, aber die Klassik braucht heute einen Twist, eine neue Spannung.“ Und so zieht sich Vero Kern auch an: Klassisch mit einem modernen Dreh. Die Mode des Belgiers Martin Margiela hat es ihr besonders angetan. Oder die französische Stylistin Carlyne Cerf de Dudzeele – Vero Kern googelt auf ihrem Smartphone schnell ein paar Bilder, um ihre Aussagen zu illustrieren.
Das Smartphone hat Vero Kern immer dabei. „Ich muss mich vermarkten, darum bin ich auf Instagram und auf Facebook, aber nicht auf Twitter, das finde ich nicht cool“, sagt sie. Durch das Internet habe sie Leben neu entdeckt, so Kern: „Ich recherchiere, lese viel im Netz und finde neue Inspirationen“ – für ihre Düfte, aber auch für ihr Styling. „Parfum und Mode sind eine Erweiterung des Selbst, damit stärkt man seine Identität“, ist Vero Kern überzeugt. Ihre Passion für Ästhetik will die rüstige Individualistin in den kommenden Jahren weiter kultivieren. So will sie sich in Grafik und Fotografie weiterbilden. „Endlich bin ich dort angekommen, wo ich hinwollte“, sagt sie.
Bei unserem Treffen Mitte Januar trug Vero Kern eine schwarze Nylon-Hosen mit Taillenzug von Adidas, regenfeste Gummi-Sneakers von Converse, ein schwarzes Thermo-Shirt mit Kapuze von Odlo und einen kittfarbenen Vintage-Mantel von Jil Sander. Der schwarze Nylon-Rucksack ist von der Migros. Ihr wichtigstes Accessoire sei aber ihre futuristische Brille von Factory 900 aus Japan, sagt Vero Kern: „Wenn man älter wird, investiert man besser in eine gute Brille statt in ein Lifting.“