Gestern Sonntag, 22. Mai ist in der Rubrik „Sonntagsoutfit“ der „NZZ am Sonntag“ mein kleines Porträt eines weltbekannten Turnschuh-Sammlers erschienen – es ist André Ljustina alias Croatian Style aus Los Angeles. Sein Künstlername ist eine Verneigung vor dem Herkunftsland seiner Eltern. Ich traf den Sneaker-Kenner in der Maag-Halle, wo an einem der vielen verregneten April-Sonntage eine Messe namens „Sneakerness“ stattfand. Eine sehr bizarre Veranstaltung. Ich sah fast ausschliesslich jugendliche Menschen in exakt denselben Klamotten. Vielleicht waren sie alle sehr überzeugt davon, dass sie Individualisten und Rebellen sind, aber sie sahen aus wie eine von der globalen Sportswear-Industrie gleichgeschaltete Armee, wie Mitglieder einer Turnschuh-Sekte.
Mit seiner knallroten Jacke stach André natürlich schon optisch aus der Masse hervor. Als sich dann der Veranstalter anerbot, uns beide bekannt zu machen, war mein Entschluss gefasst: In dieser Ödnis der Casual- und Streetwear war Ljustina noch der bunteste Hund. Und damit mein Motiv fürs sonntägliche Stil-Foto. Dieser Rap- und Sneaker-Style ist vielleicht nicht „schick“, aber auf jeden Fall etwas, das derzeit recht verbreitet ist. Hier kommt mein Text …
André Ljustina alias Croatian Style ist eine Autorität in Sachen Turnschuhe. Er trägt nur Sneakers – allerdings auch solche, für die Sammler Tausende von Dollars zahlen.
Es war an einem verregneten Frühlingssonntag, an dem ich vor dem kühlen Wind in die Maag-Halle flüchtete, wo die „Sneakerness“ stattfand, eine Mischung aus Gewerbeschau und Flohmarkt für Turnschuhe. Hier präsentieren sich einerseits die gerade angesagten Marken, andererseits handeln Fans mit ihren zumeist ungetragenen Sneakern, die meisten davon wie Frischbackbrote in transparente Folie eingeschweisst. Es herrscht eine grosse Uniformität aus Leder-, Kapuzen- und Bomberjacken, Camouflage-Prints, Baseball-Caps und engen Jeans.
Einer der „Turnschuhverrückten“, die ich dort traf, war André Ljustina, 36, aus Los Angeles. Dass der 36-jährige eine Berühmtheit war, konnte man an seiner akzentuierten Coolheit von weitem erkennen. Ljustina ist bekannt unter dem Künstlernamen „Croatian Style“ und besitzt über 3000 Paar von teilweise extrem seltenen Turnschuhen. Ausserdem handelt er professionell mit Sneakern – dem Vernehmen nach hat er es damit bereits zum Millionär gebracht. Einen kleinen Teil seiner Sammlung zeigte er in Zürich in Glasvitrinen.
„Sneakers sind ein Lifestyle, es geht um Kreativität und Individualität“, erklärt André Ljustina, „und das Internet hat die Sache noch beschleunigt. Heute sind alle vernetzt und auf dem laufenden, was gerade das neueste ist.“ Mit Sammeln begann Ljustina um die Jahrtausendwende – sein Augenmerk galt damals den Nike Air Jordans. Heute sieht er sich als Broker und Kurator. „Wir haben ein ziemliches Hochsicherheitslager in LA, in dem sich meine Schatzkammer befindet“, grinst er. „Project Blitz“ heisst seine Website, Ljustina vermittelt dort neben den neuesten Hypes (etwa Kanye Wests „Yeezy“-Boots) auch ältere Raritäten.
Bei seiner Stippvisite in Zürich trug André Ljustina ein Paar schwarzer BB1839-Yeezy-750-Boost-Sneakers von Adidas, über denen sich der Saum seiner Dark-Shadow-Jeans von Rick Owens zur Handorgel hochschob. Das überlange Shirt mit Löchern war von Mihara Yasuhiro aus Japan, die rote Collegejacke mit aufgesticktem Playboy-Bunny und die weisse Schildmütze waren von der derzeit sehr angesagten Skater-Marke Supreme aus New York. „Ich arbeite seit vielen Jahren mit Supreme zusammen und habe auch eine schöne Sammlung von Vintage-Stücken für sie kuratiert“, sagt Ljustina.
„Normale“, also traditionelle Schnürschuhe besitzt André Ljustina nach eigenem Bekunden keine. Nur ein einziges Paar kommt in die Nähe von klassischer Fussbkleidung. „Es ist ein für mich auf Mass gefertigtes Paar roter Ferrari-Schuhe aus Krokodilleder von Tod’s“, lacht er, „Eines Tages, wenn ich auf dem Deck meiner Jacht sitze und auf mein gutes Leben zurück blicke, werde ich sie anziehen.“