Am Sonntag, 7. August in der „NZZ am Sonntag“ erschienen: das Doppelporträt eines Paares, das ich an einem sommerlichen Sonntagmittag im Zürcher Kreis 5 traf, als Dotti’s in der Nähe des Röntgenplatzes einen Vintage-Sale für Freunde und Familie machte. Franziska und Lukas waren an dem Tag so entspannt und cool, dass ich sie fragen musst, ob sie posieren würden. Sie wollten – auch wenn unklar blieb, in welcher Beziehung die beiden wirklich zueinander standen. Spielt vielleicht auch gar keine Rolle, denn beim „Sonntagsoutfit“ geht es um eine Momentaufnahme.
Entspannt, cool und ein bisschen schräg – wer gut sucht, der findet den Berliner Style auch in den Zürcher Strassen. Eine Begegnung am Röntgenplatz.
Es ist oft zu zu hören, wie cool Berlin sei, wie inspirierend und frei die jungen Leute dort angezogen seien und wie sich dort ein neuer, urbaner Modestil manifestiere, den es sonst so in Europa nicht gäbe. Im gleichen Atemzug wird darüber lamentiert, wie konform, kleinstädtisch und brav die Schweizer im Vergleich dazu seien. Alles eine Frage der Perspektive! Denn wer sich in der grössten Schweizer Stadt zur rechten Zeit am rechten Ort einfindet, der kann den coolen Berlin-Style auch in Zürich finden.
Ich traf Franziska Brücker, 27, und Lukas Amacher, 28, an einem Sonntagnachmittag im Zürcher Kreis 5, unweit des Röntgenplatzes. Sie hatten sich gerade ein frisches Verveine-Eis von Miss Marshall gekauft, genossen den freien Tag und sahen in ihrer entspannten Art hinreissend aus. Franziska Brücker kommt aus Uri, lebt aber heute in Zürich und ist ausgebildete Jazzsängerin. Sie hat eine eigene Band namens „Mad Girl“ – „das ist aber keine Selbstbeschreibung“, lacht sie. Lukas Amacher ist selbständiger Unternehmer und vermittelt mit „Projekt Interim“ Immobilien und Ladengeschäfte für Zwischennutzungen, ist andererseits aber auch Musiker und tritt mit der Band „Ethimm“ auf. Im Herbst erscheint ihre neueste Platte.
Nichts ist fix, alles ein Versuch – der Beziehungsstatus der beiden (ungebunden liiert) könnte auch die Beschreibung der Outfits von Brücker und Amacher sein. Sie trug einen entspanntes Jersey-Jumpsuit von American Apparel und über den Schultern einen Schal im Palästinenser-Stil, den sie „irgendwo im Viadukt“ gekauft habe. Der Markenname der flachen Sandalen war nicht mehr lesbar – „etwas wie Antica Romana, gekauft im Booster“, gab Brücker zu Protokoll. Ihre Sonnenbrille ist von Warby Parker. „Das Outfit ist für meine Sonntage durchaus typisch“, sagt sie, „So könnte ich aber auch am Mittwoch oder Donnerstag angezogen sein.“
Prägnantestes Element an Lukas Amachers Outfit war seine Sonnenbrille. Auf die abgeschnittene Jeans von Levi’s, das weisse Leinenhemd von Uniqlo und die Boat Shoes von Frye – gekauft bei Dee Cee Style – muss man nicht weiter eingehen, wohl aber auf seine türkisfarbene „Dreiaugen-Brille“, gekauft bei Iselin Optik in Zürich. Das Modell heisst „Futurama“ und ist von ByWP (Wolfgang Proksch) – eine ziemlich direkte Interpretation der „Futura“ von Silhouette aus dem Jahre 1974. „Ich habe diese Brille seit wenigen Tagen, und bis jetzt finden sie alle ausserordentlich scheusslich, ausser Franziska“, lacht Amacher. Zehn Jahre habe er nun zufrieden eine alte Sonnenbrille seiner Urgrossmutter getragen, so Lukas Amacher, „doch nun ist sie kaputt und ich suchte einen Ersatz. Weil es den aber nicht gab, habe ich mir etwas ganz anderes zugelegt.“