Trends on air

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Vergangene Woche habe ich dem Winterthurer Lokalradio RADIO TOP ein Interview gegeben, was die aktuelle Entwicklung der Mode betrifft. Zu meiner Überraschung und Freude hat die Moderatorin, Fabienne Schuler, dafür aber nicht einfach nur die üblich-oberflächlichen Fragen für einen Zweieinhalb-Minuten-Beitrag gestellt, sondern ging mit dem Thema doch ziemlich ins Detail. Das hat mich gefreut, weswegen ich hier eine kleine Abschrift der Fragen und Antworten wiedergeben möchte. Radio ist schliesslich flüchtig, und das ist in diesem Fall vielleicht schade.

Radio Top: Was soll man diesen Herbst anziehen?

JVR: Im Prinzip kann man auch diese Saison alles tragen, weil es die Art von Modediktat wie früher ja schon länger nicht mehr gibt. Falsch oder richtig ist nicht mehr die Frage. Es gibt heute parallel 50 verschiedene Modestile, man muss sich für einen davon entscheiden. Trotzdem kann man mit seinen Klamotten daneben liegen – so etwas wie „altmodisch angezogen“ gibt es auch heute noch.

Welche Trends sind dominant?

Vieles sieht momentan nach 90’s Revival aus: der neueste Hype ist, was nach Millennium aussieht, man nennt dieses Phänomen auch Y2K, also Year-Two-Thousand. Es ist ein bisschen der Look der Raver der ersten und zweiten Stunde: Weite Hosen, bauchfreies Top, grosse Nylonjacke, Topfhut dazu.

Dann ist Oversize immer noch ein grosses Thema, alles was zwei Nummern zu gross aussieht ist gefragt. Auch noch immer in der Luft: der Billie-Eilish-Look, so ein bisschen von einem verschupften Teenager, der nicht recht weiss, was er ist – manche nennen es auch Ugly Chic. Und natürlich ist Genderless auch ein Mega-Thema, also Kleidung ohne eindeutige Geschlechterzuweisung.

Und was davon ist jetzt richtig „in“?

In ist, sich selber zu sein, einen eigenen Look zu kreieren, unverkennbar zu werden… also nicht unbedingt, der Mode zu folgen, weil die ist, wie schon erwähnt, sehr launisch und auch unberechenbar geworden. Es braucht also in gewissem Sinne mehr Rückgrat und Risikobereitschaft als früher.

Wie unterschiedlich sind die Kollektionen der Frauen und Männer?

Immer weniger – da findet eine grosse Angleichung statt, Stichwort Genderless, Gender Fluid … Man vermeidet es immer öfter, die Sachen zu separieren und zeigt sie auch an gemeinsamen Schauen. Das wächst immer mehr zusammen, und das entspricht ja auch der Realität: Auf der Strasse tragen die Menschen ja jetzt schon unabhänigig von Alter und Geschlecht das gleiche, nämlich: Jeans, T-Shirt, Sweatshirt, Jogginghose und Hoodies. Das passt für Männer, Frauen und Kinder.

Welche Stoffe, Garne und Muster sind im Trend?

Nachhaltigkeit ist auch in der Mode ein wichtiges Thema geworden, man sieht es an einem Revival der Naturfasern, Baumwolle und Leinen, Seide und Cashmere, aber auch Wolle und Hanf. Tatsächlich sind aber 85% von den Klamotten, die man heute kaufen kann, aus Kunstfasern. Da gibt es noch viel zu tun. 

Bei den Mustern gibt es viel Oversize-Prints und Motiv aus dere Manga- und Comicwelt, aber auch grossformatige Blumen, dunkle Winterblüten, Streifen und Webmuster. 

Wie sieht es mit den Farben aus?

Die Farbpalette ist breit, aber ein dominantes Thema ist sicher immer noch der monochrome Cappucino-Look, also Outfits, die so ein bisschen wie Kaffee Creme wirken, alles in schön harmonische Natur- und Brauntönen. Das ist für die jungen Frauen noch immer ein Riesending.  Neueste Trendfarbe ist im Moment aber sicher grasgrün, eingetlich eine ganz schwierige Farbe –  das ist dann wohl Teil vom Ugly Chic.

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Welches Highlight darf man nicht verpassen?

Sneakers sind noch immer ein grosser Hype, aber auch Handtaschen mit Statuscharakter sind etwas, für das die (jungen) Leute überprpoprtional geld ausgeben. Dann gibt’s natürlich die Statement Pieces von den Laufstegen, also unverkennbare Kreationen von einem jeweiligen Label, die virale Aufmerksamkeit auf Instagram bekommen haben. Da sind die klassischen Luxuslabels hoch im Kurs, sprich Balenciaga, Balmain, Valentino, Gucci …

Und welchen Trend davon findest Du selber gut?

 Ich habe aufgehört, Trends für gut oder schlecht zu erklären, weil es die absolute Gültigkeit von bestimmten Modephänomenen nicht mehr gibt. Was der eine super findet, findet der andere schrecklich – beide haben recht, halt immer nur in ihrer Bubble. Doch so ist das heute: Die Gesetze gelten immer nur für die eigene Sphäre. Persönlich finde ich aber, dass der Ugly Chic langsam vorübergehen könnte und man wieder von Eleganz und Schönheit reden dürfte, denn das ist es doch, was die meisten Menschen an der Mode lieben.

 

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