We look at the rookies

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Es bleibt auch nach der fünfzigsten Show dieser Art ein Rätsel: Was beseelt junge Menschen auch heute noch, ihr Glück in der Mode zu versuchen, und zwar an der schwierigsten und seltensten Position, die es überhaupt gibt, als Designer? Warum ist das immer noch so ein Traumjob, wo doch jeder heute weiss, wie unglaublich anspruchsvoll und aufzehrend diese Aufgabe ist?

Am Dienstag vergangener Woche hatte ich das Privileg, mir diese Fragen wieder einmal gründlich durch den Kopf gehen zu lassen, und zwar am „Swiss Cross Textile Award“, der seit drei Jahren an einen Studenten des Istituto Europeo di Design in Mailand vergeben wird. Der Award ist zwar „nur“ 2000 Euro wert und wird als Gutschein für den Bezug von Textilien bei Mitgliedern des Schweizerischen Textilverbandes Swiss Textiles ausgestellt, doch das ist für einen Studenten ja auch allerhand. Irgendwo muss man anfangen.

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„Flame on!“ – ein Entwurf von Sofia Cucchi mit Stoffen von Schoeller und Rotofil.

Aber: Warum fördert der Schweizerische Textilverband eine Mailänder Modeschule, mag man sich fragen? Weil dies die Schweizer Botschaft in Mailand so eingefädelt hat. Swiss Textiles würde dies aus eigener Initiative kaum machen. Es ist ein Projekt der dortigen Würdenträger und dient diesen vor allem zur Kontaktpflege in die für Mailand bedeutende Modebranche. Viva Italia.

Also: zwanzig junge Modestudenten des Istituto Europeo di Design schickten je ein Outfit auf den Laufsteg, mit dem sie sich um den Award bewarben. Ein Outfit nur. Die verarbeiteten Materialien wurden allesamt von Mitgliedern von Swiss Textiles bereitgestellt – namentlich Bischoff Textil AG, Filtex AG, Jakob Schlaepfer, Rotofil Fabrics SA und Schoeller Textil AG. Das Outfit musste zudem irgendwie einen Bezug zu der in Mailand gezeigten Ausstellung „Don’t Shoot The Painter“ haben, in der bis zum 4. Oktober in der Galleria d’Arte Moderna in Mailand Stücke aus der UBS-Kunstsammlung gezeigt werden. Die Modenschau fand im Hof des Kunstmuseums im Herzen von Mailand statt – ein schönes Setting für den ambitionierten Nachwuchs. Das Kopfsteinplaster des Hofs forderte die Models auf ihren High-heels zwar zu halsbrecherischen Durchgängen heraus, aber die Show verlief ohne nennenswerte Verluste.

 

Nicht von allen Outfits ist mir ein brauchbares Bild gelungen. So haben wir etwa das Bild des Siegers Sergio La Ferla versemmelt. Sein klassischer Look war nicht der schlechteste. Was die angefügten Schnappschüsse allerdings auch zeigen, ist das verzweifelte Bemühen der Studenten, drei Ziele in einem einzigen Look zu erreichen: 1. ein eigenes künstlerisches Statement als zukünftiger Designer zu machen, 2. der Kunstsammlung irgendwie die Reverenz zu erweisen und 3. die Schweizer Stoffe so in Szene zu setzen, dass man auch in die Gunst der Jury kommt, die den Preis vergibt. Ein Spagat in drei Richtungen, der kaum zu machen ist.

Und so bleibt man am Ende der Show doch wieder mit der Frage sitzen: Warum machen die das? Was beseelt diese Rookies? Wer soll das tragen? Wie um alles in der Welt kann man glauben, dass es jemand tragen möchte? Wann platzen diese Träume? Ich weiss es wieder nicht. Mein Fazit ist daher leider dieses: Das reifste, was wir an diesem sonnigen Abend gesehen haben, waren die Stoffe. Sie waren aus der Schweiz. Hopp Schwiiz.

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