We look at those handbags

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Es hat sich eine neue, sehr eigenartige Art, die Handtasche zu tragen, herumgesprochen: Möglichst vor dem Körper in die Armbeuge gehängt. Woher kommt diese unnatürliche Pose?

Man muss kein besonders aufmerksamer Beobachter der Modebranche sein, um zu erkennen, dass das grosse Geld bei den Luxusmarken heute nicht mit Kleidung, sondern mit Accessoires, vornehmlich mit Handtaschen verdient wird. Warum? Auf Herstellerseite sind die Vorteile diese: Taschen sind vergleichsweise billig zu fertigen, brauchen keinen komplizierten Grössenschlüssel und werfen viel Marge ab. Auf Kundenseite: Weil Handtaschen für einigermassen überschaubares Geld viel Prestige und sogar einen gewissen Nutzwert bieten.

Handtaschen sind das Glück des Luxusmarktes und werden darum entsprechend beworben. Ein Blick in eine x-belieblige Modepostille genügt, und man sieht gleich reihenweise Anzeigen von grossen Labels, auf denen mehr oder minder hübsche Mädchen mehr oder weniger lustvoll eine mehr oder weniger grosse Handtasche ins Bild halten.

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Nun will es aber die Natur der Handtasche, dass man sie – eigentlich – in der Hand trägt. Stellt man nun also ein Model vor eine Wand und fotografiert sie, bekommt man ein hochformatiges Bild, auf der das Gesicht des Models ganz oben und die Tasche ganz unten bei den Knien baumelt. Das ist, werbedramaturgisch betrachtet, ein bisschen langweilig und auch schlecht, weil die Handtasche recht klein auf dem Bild ist. Also werden die Models häufig horizontal auf Liegen placiert und nehmen die Handtasche vor die Brust. So kommt viel Gesicht, viel Tasche und auch etwas Sexappeal aufs Foto.

Andere Variante: Man hängt die Handtasche in die Armbeuge (Ellbogen) und bittet das Model, den Arm möglichst vor den Körper zu nehmen, um ein Porträt mit Tasche zu machen. Diese unnatürlich herangezogene Pose sieht man oft. So häufig, dass sie bereits in die reale Welt übergesprungen ist. Wer an einem beliebigen Agglomerationsbahnhof den Pendlerverkehr beobachtet, der wird reihenweise Mädchen sehen, welche ihre Handtaschen genau so tragen: in die Armbeuge gehängt. Sie versuchen damit, den Look der Markenanzeigen zu kopieren. Weil sie vielleicht danken, dass coole Mädchen (Models) ihre Taschen wirklich so tragen würden.

Es könnte aber nicht nur an den Anzeigen liegen, sondern auch an den Celebrity-Fotos, welche heute in jedem ‚Glossy‘ zu sehen sind. Auch da sieht man die (semi)prominenten Protagonistinnen des internationalen Jet Set öfters mit angewinkeltem Arm ihre Taschen tragen. Sie tun dies, weil sie diese Taschen geschenkt bekommen haben und von den Marken darum gebeten wurden, die Accessoires künftig wie zufällig in der Welt herumzuzeigen.

Und weil man als Promi nur dann zuverlässig vom Strom der Umsonst-Zuwendungen profitiert, wenn man diese Wünsche auch befolgt, halten die Starlets ihre Täschchen nur allzu willfährig ins Bild. Wiederum glaubt das ahnungslose Mädchen in Amriswil oder Burgdorf, welche die Fotos ihrer Heldinnen dann in den bunten Heftchen sieht, dass diese ihre Taschen besonders cool tragen, weil vor dem Körper und in die Armbeuge gehängt. Und kopieren diesen Look.

So läuft das, liebe Leute. Grotesk, aber auch irgendwie bemerkenswert.

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Heute ab 14 Uhr auf Radio SRF 3:
Bauerntöchter, Verklemmte und Tussis – über die Psychologie des Handtaschentragens

Die Tasche quer über die Brust zu hängen ist etwas grundsolid-schweizerisches – zwar sicher praktisch, aber es sieht mehr als nur ein bisschen burschikos und grob aus. In Paris trägt keine Frau ihre Tasche so. Verbreitet sind auch ‚die Verklemmten‘; das sind die Damen, die immer ein bisschen Angst vor de bösen Umwelt haben und sich ihre Handtaschen richtiggehend unter den Arm klemmen. Und dann gibt es die Celebrity-Tussi. Sie hat ihre Art, die Handtasche zu tragen, aus den Glossy- und People-Heftli abgeschaut…

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